Full text: Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege (Bd. 1)

202 Die Geschichte des Mittelalters 
und heftige Aufstände der Slaven infolge der Zersplitterung derselben nicht 
vorkamen. So ist es auch zu erklären, daß sich gerade im Lausitzerlande 
slavisches Wesen bis auf den heutigen Tag erhalten hat, da man die voll¬ 
ständige Vernichtung der slavischen Bevölkerung nicht durchzuführen brauchte. 
Entwickelte sich in der Markgrafschaft Brandenburg mehr die Ackerkultur, 
so im Meißener Lande mehr die Industrie (die Bergwerke im Erzgebirge). 
Zahlreiche blühende Städte entstanden (Freiberg, Plauen, Leipzig, Chemnitz, 
Pirna, Dresden, Meißen, Riesa, Grimma, Wurzen, Großenhain, Kamenz, 
Bautzen, Görlitz u. s. w., die Klöster Dobrilugk, Leubus, Altenzelle, 
Neuzelle u. a.). Von den späteren Markgrafen in Meißen ist besonders 
Heinrich der Erlauchte im 13. Jahrhundert der Förderer und 
Mehrer seines Landes gewesen; unter seiner Regierung erreichte der 
wettinische Hausbesitz die größte Ausdehnung, indem er zu den Graf¬ 
schaften Wettin, Eilenburg, Brehna und Camburg, der Torgauer und 
Zwickaner Gegend, der Mark Meißen und den Lausitzen noch das 
Pleißener Reichsland im Altenburgischen und die Landgrasschaft Thüringen 
erwarb. Als die Vorkämpfer des Deutschtums an der 
Ostseeküste im südöstlichen Holstein (Wagrien) und im Obotriten- 
lande sind zu nennen Graf Adolf II. von Holstein, der Begründer 
Lübecks 1143, der ersten deutschen Stadt an der Ostsee, und vor allem 
Heinrich der Löwe. Dieser gewaltige Herzog unterwarf die Obotriten 
unter ihrem Fürsten Niklot, den er zuerst gegen den Grafen von 
Holstein unterstützt hatte. Aber rücksichtslos ging Heinrich vor. 1160 
fiel Niklot, der letzte Nationalheld der baltischen Slaven. Die Bischöfe 
von Oldenburg, Schwerin und Ratzeburg wurden in ihrer Macht 
beschränkt, desgleichen der Erzbischof von Bremen; Graf Adolf mußte 
Lübeck herausgeben. — So ist es selbstverständlich, daß Aufstände nicht 
bloß von den Slaven (1164 Pribislav, der Sohn Niklots), sondern auch 
von den Vasallen und Bischöfen (1166—68) ins Werk gesetzt wurden. 
Aber Heinrich blieb Sieger, und die stolze Pfalz Daukwarderode in Braun¬ 
schweig mit dem ehernen Löwen davor zeugt uoch heute von dem Selbst¬ 
bewußtsein und der Macht „des ungekrönten Königs in Norddeutschland". 
Die Slaven im westlichen Pommern unterwarf er ebenfalls 1177; doch 
fein Zug nach Rügen brachte ihm nicht den gewünschten Erfolg; _ die 
Dänen behielten die Herrschaft auf dieser Insel. — Und so fest und sicher 
war deutsches Wesen durch die Kolonisation an der Ostseeküste eingebürgert, 
daß sich in Holstein und Mecklenburg die Fürsten, Bürger und Bauern 
im 13. Jahrhundert selbständig gegen den gewaltigen Dänenkönig Waldemar 
behaupten konnten; ohne Hilfe des deutschen Kaisers schlugen sie ihn bei 
Bornhöved in Holstein 1227 aufs Haupt. 
Das größte Werk der Eroberung und Kolonisierung wurde aber von
	        
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