Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Bd. 2)

150 Das Zeitalter des Absolutismus 
der Weichsel wieder geschenkt, „die erste große Wiedergewinnung verlorenen 
Reichslandes, wenige Jahre, nachdem Frankreich das vom Kaiser abgetretene 
Herzogtum Lothringen seiner Krone einverleibt hatte". Und mag heute 
polnischer Übermut zetern über diese „Gewalttat", die sichtbaren Erfolge, 
mit der Preußens König aus dieser Wüstenei ein Kulturland geschaffen, 
haben ihm recht gegeben. „Es war nur gerecht, daß ein Land, das einen 
Kopernikus hervorgebracht hat, nicht länger in der Barbarei jeglicher Art 
versumpfte, in welche die Tyrannei der Gewalthaber es versenkt hatte." 
b) Die Regierung Friedrichs sollte enden, wie sie begonnen hatte, 
mit dem Gegensatz zu Österreich. Der unruhige Ehrgeiz Kaiser Josephs II. 
wollte sich, als 1777 mit dem Aussterben der wittelsbachischen Kur- 
fürstenlinie Karl Theodor v. d. Pfalz Bayern überkam, mit Niederbayern 
und anderen Gebieten für Schlesien entschädigen. Friedrich trat ihm mit 
dem Schwerte entgegen und rettete zum andernmal Bayerns Unabhängigkeit 
(nur das Jnnviertel wurde an Österreich abgetreten, während Preußen selbst 
die Anerkennung seines Erbrechtes in Ansbach-Bayreuth durchsetzte). Gleich- 
wohl belehrte dieser Krieg den König, daß seine Stellung in Europa und 
namentlich der österreichischen Vergrößerungssucht gegenüber nicht stark 
genug sei, zumal Rußland immer mehr zum Donaustaat hinneigte und 
die Vereinigung von 1756 sich zu wiederholen drohte. Preußen mußte 
notwendig Verbündete haben, und so griff Friedrich zu dem Plan des 
deutschen Fürstenbundes. Als dann Joseph II. wieder Bayern mit 
Österreich vereinen und den Herzog Karl Theodor mit den österreichischen 
Niederlanden entschädigen wollte, da trieb die Angst vor Österreich Han- 
notier und Sachsen, der Kleinstaaten viele und auch Kurmainz in die 
Arme des Hohenzollern; Friedrich ward der „Retter der deutschen Frei¬ 
heit". Und wenn der König auch mit kühler Gelassenheit weitab stand 
von der schwärmerischen und unklaren Begeisterung, die mit diesem nur 
zu bald zusammenbrechenden Bunde eine neue Zeit für Deutschland an- 
brechen wähnte: er hat durch diesen harmonischen Abschluß seines Lebens 
doch den Weg gewiesen, auf dem in ferner Zukunft Tagen des deutschen 
Volkes Einheit geschaffen werden sollte. 
„Die große Zeit der alten Monarchie ging zur Rüste. Um den 
König ward es still und stiller; die Helden, die seine Schlachten ge- 
schlagen, die Freunde, die mit ihm gelacht und geschwärmt, sanken einer 
nach dem anderen ins Grab; der Fluch der Größe, die Einsamkeit, kam 
über ihn. Er war gewohnt, kein menschliches Gefühl zu schonen; waren 
ihm doch selber einst alle wonnigen Träume der Jugend durch den im- 
barmherzigen Vater zertreten worden. Im Alter ward die rücksichtslose
	        
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