Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Bd. 2)

Der Absolutismus in Frankreich 21 
b) Das Finanzwesen. Frankreich ist immer ein reiches Land 
gewesen, und wenn in den Jahren, von denen wir hier reden, finanzielle 
Nöte vorhanden gewesen sind, so lagen sie in der Verteilnng der 
Steuern und in der Art ihrer Eintreibung begründet. Adel 
und Geistlichkeit, also die weitaus wohlhabendsten Stände, waren, abge¬ 
sehen von gelegentlichen Kriegsbeisteuern, wie sie namentlich Richelieu und 
Ludwig XIV. forderten, von Abgaben frei. Direkte (Taille) und indirekte 
(Salzabgabe) Steuern drückten vornehmlich die minder begüterten Bürger 
und Bauern. Dazu kam die rücksichtslose Art der Steuereinziehung. Es 
herrschte das sog. System der partisans. Die reichen Bankiers taten sich 
zusammen und schössen dem Staat die ihm nötigen Geldsummen vor. 
Dafür wurde ihnen der Ertrag der Steuern oft auf Jahre hiuaus, also 
verhältnismäßig viel größere Summen, als sie vorgeschossen hatten, ver¬ 
pfändet. Man hat berechnet, daß nur der fünfte Teil der erhobenen 
Steuern in die Staatskasse kam! Dazu wurden sie durch die Beamten 
mit rücksichtsloser Strenge eingetrieben. Während der Staat, immer in 
der Gegenwart für die Zukunft sorgend, dem wirtschaftlich Schwachen, den 
ein Brand oder eine Mißernte oder ein Unglücksfall für den Augenblick 
zahlungsunfähig gemacht hat. vorläufig die Abgaben erlassen, ja, ihn mit 
Beihilfen wieder wirtschaftlich heben kann (vgl. z. B. die Beihilfen an die 
durch Hochwasser in Schlesien Geschädigten), brauchen die Steuerpächter 
keine solche Rücksicht zu nehmen und sündigen deswegen, indem sie sich 
selbst bereichern, an dem Nationalwohle: die Bauern wurdeu, konnten sie 
die schweren Auflagen nicht zusammenbringen, bis aufs letzte ausgeplündert, 
ihr Hab und Gut verkauft, sie selbst ins Elend gestoßen, und der Staat 
hatte für zahlreiche kleine, zum Mittelstand, d. i. dem Rückgrat des 
Staates gehörende Steuerzahler einen reichen Bankier! Die Schäden dieses 
Raubbaues waren schon zu Mazarins Zeiten erkannt worden; alle 
Besserungsversuche aber scheiterten, bis endlich Eolbert an das Ruder kam. 
Im Zusammenhang mit seiner großzügigen Wirtschaftspolitik (vgl. c) steht 
auch feine Finanzreform. Sie erstrebt eine Vermehrung der Staats- 
einnahmen durch geregelte Abzahlung der Staatsschulden, Rückkauf und 
geordnete Verwaltung der Domänen, Erhöhung der Salzabgabe und der 
Zölle, eine Verminderung des auf dem gemeinen Mann lastenden 
Druckes, indem er die aufzubringende Taille von 53 Millionen auf 
35 Millionen verminderte, diese durch königliche Beamten, die Intendanten, 
einziehen ließ und jede unnötige Strenge (Besitz einziehen, Vieh verkaufen) 
verbot. So schien der französische Staat wieder seiner pekuniären Kraft 
mächtig zu werden, bis die Kriege Ludwigs XIV. auch hier alles in Ver- 
wirrung brachten und die gewissenlose Finanzmißwirtschaft herbeiführten,
	        
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