56 Das Zeitalter des Absolutismus
und Sicherheit guter Handelsstraßen denselben Vorteil brachte. Wohlleben
und Wohlstand nahmen zu, und unter Joachim II. waren kostspielige Gast-
mähler etwas Gewöhnliches. Kunst und Kunstgewerbe blühten in ber
Mark, unb ber Schmuck ber Häuser, wie ber Bau prächtiger Kirchen,
Rathäuser und starker Befestigungen verrieten den Reichtum der Bürger
in den größeren Städten.
e) Das geistige Leben in der Mark ^eigt am besten, daß,
Brandenburg einer der bedeutendsten Kulturstaaten Deutschlands vor dem
Dreißigjährigen Kriege gewesen ist. Ruhe und Sicherheit im Lande,
wirtschaftlicher Aufschwung und Wohlstand waren als Vorbedin-
gungen der Entwicklung geistigen Lebens geschaffen worden, und so konnten
Kirche und Schule, Wissenschaft und Kunst das Aufblühen des Staates
fördern. Mehrere Monarchen gaben selbst Beispiel und Vorbild eines
frommen sittlichen Lebenswandels, und indem sie die sittliche Hebung
ihrer Untertanen erstrebten, suchten sie durch Anstalten verschiedener Art
die Bildung in ihrem Lande zu verbreiten. Die beiden ersten Hohenzollern-
fürsten waren sittlich ernste und religiös veranlagte Naturen. Wenn sich
Friedrich I. Gottes schlichten Amtmann in den Fürstentümern nannte; wenn
Friedrich II. in seiner aufrichtigen religiösen Gesinnung den Schwanen-
orden stiftete und in sittlichem Ernst und tugendhaftem Lebenswandel die-
Besserung der kirchlichen Zustände zu verwirklichen strebte (strenge Be-
strafung der Sonntagsentheiligung); wenn Johann I. strenge Gerechtigkeit
übte, kein Ansehen der Person, auch nicht gegenüber den Adligen gelten ließ,
ja wenn er am alten Glauben mit Zähigkeit unb Kraft festhielt unb ber
alten Kirche treu blieb; wenn Joachim II., von ber Wahrheit ber evan¬
gelischen Lehre überzeugt, trotz bes Versprechens, bas er seinem Vater ge¬
geben hatte, boch Gott mehr gehorchte als beu Menschen; wenn Johann
Sigismnnb aus innerster Überzeugung, „bei seiner Seligkeit", trotz An-
fechtungen unb Vorwürfen zur reformierten Kirche übertrat — so er-
kennen wir bie Aufrichtigkeit unb ben Ernst der brandenburgischen Kur-
fürsten, deren Vorbild und Persönlichkeit nicht ohne Einfluß auf die Unter-
tanen bleiben konnte. Daß sie bei dieser Gesinnung es sich angelegen sein
ließen, die Bildung ihres Volkes zu heben, ist nur natürlich; was
sie zur Hebung der Bildung in ihrem Lande getan haben, ist für jene
Zeit hervorragend gewesen. Johann Cicero und fein Sohn Joachim L
Nestor waren in ber humanistischen Bildung ihrer Zeit bewandert. Ihre
Zunamen haben sie erhalten, weil sie fließend nnd gewandt die lateinische
Sprache sprechen konnten und der alten Wissenschaft große Teilnahme
entgegenbrachten. Sie erkannten aber auch richtig, baß mit wachsendem
Wohlstand und mit gerechtem Gericht im Lande sich geistiger Fortschritt
verbinden müsse, wenn eine gesunde Kulturentwicklung möglich sein sollte.