Full text: Für die 3. Klasse (H. 3)

40 Das Rittertum. 
Kriegsspiel (Turnier), im Bestehen von Abenteuern beweisen. Ein ganzes 
Gefüge von Regeln, die vor allem aus Frankreich stammten, mußte bei 
der ritterlichen Erziehung eingeprägt werden. 
Wohnung. § 57. Ritterliches Leben. Die Ritter lebten mit ihrer Familie 
und ihrem Ingesinde in den Ritterburgen (Wasser- und Höhenburgen), 
deren Namen sie trugen. Die Burgen zeigen alle dieselben Bestandteile: 
Die Zugbrücke führt in den Zwinger und weiter in den eigentlichen 
Burghof. Dieser wird eingerahmt von dem Palas, der die Kapelle, den 
Festsaal und die Wohnräume (für die Frauen „Kemenaten" von 
Kamin) enthält, von den Wirtschaftsgebäuden und dem Burgturm (Berch- 
frit), der weit in die Lande hinausgrüßt. 
Erziehung. Hier erhält der Edelknabe die ritterliche Erziehung. Er lernt 
die Regeln des ritterlichen Anstandes und übt sich im Gebrauch der 
Waffen. Als Edelknabe begleitet er später seinen Herrn und steht ihm 
in allen Nöten treulich bei. Mit 21 Jahren wird er großjährig, erhält 
den Ritterschlag (Schwertleite) und gelobt feierlich das Halten der 
ritterlichen Pflichten. 
«-tstige? Leben. Lesen und Schreiben kann der Ritter meist nicht. Er findet 
Genüge an Krieg und Fehde, an Jagd (Reiherbeize) und Turnier. Doch 
pflegt er auch die Kunst, nicht bloß die bildende beim Bau und der Aus- 
Dichtkunst, schmückung der Burgen, sondern auch die Dichtkunst. Fahrende Sänger 
ziehen von Burg zu Burg, erzählen von den neuesten Ereignissen und 
tragen aus den alten herrlichen Volksepen, z. B. aus Nibelungen- 
und Gudrunlied vor. Oder die Ritter sind selbst Dichter. Sie ver- 
fassen nach französischem Vorbild die abenteuerreichen Kunstepen und 
lyrische Gedichte. So dichtet der Schwabe Hartmann von Aue seinen 
Erek und Jwein, der unübertreffliche Wolfram von Eschenbach seinen 
Parzival. Walther von der Vogelweide, der bedeutendste der Minne- 
sänger, singt von Natur und Liebe, schickt seine markigen „Sprüche" 
in die Welt, in denen er Deutschland zur Einigkeit mahnt und sich gegen 
die päpstlichen Übergriffe wendet. 
§ 58. Verfall des Rittertums. Nach kurzer Blüte verfiel das 
Rittertum, um dann völlig zu verschwinden. Es paßte nicht mehr in 
>es«Älls. die neue Zeit, die andre Ideale hatte. Die Landfriedensgesetze 
brachten die erwerbenden Stände empor, nahmen dagegen dem Ritter- 
stände seine besten Einnahmen und verdammten ihn zu Müßiggang. An 
die Stelle der alten sittlichen Ideale trat das Laster: Trunksucht, Völlerei. 
Um sich zu bereichern, griffen die Ritter zu dem Mittel des gemeinen Straßen- 
raubes (Raubrittertum). Bürger und Bauern griffen zur Selbsthilfe, 
Kaiser und Fürsten warben Söldner gegen sie. Die schwere Rüstung 
war wohl für das Turnier geeignet, nicht aber für die offene Feld- 
fchlacht und den Massenkampf, bei dem es auf Gewandtheit und Schnellig- 
keit ankam. Die auskommenden Feuerwaffen durchbohrten die Panzer
	        
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