Full text: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zur Gegenwart (Teil 3)

I. Zustände in Deutschland zur Zeit der ersten 
Kämpfe mit den Römern. 
i. Cand und Bewohner. 
1. Cand. Vor etwa 2000 Jahren hatte unser Vaterland ein ganz anderes 
Aussehen als heute. Da fand man keine Stadt, kein Dorf mit geschlossenen 
Häuserreihen, keine Brücke, keinen schön gebahnten Weg. Das Land „starrte 
von rauhen Wäldern und unwirtlichen Sümpfen". Die Flüsse waren meist 
nicht sehr tief, wohl aber sehr breit; denn kein Damm engte sie ein, und sie 
wühlten sich bald Hier, bald dort ein neues Bett. Hin und wieder sah man 
einen Germanen in einem Einbaum (Kahn aus einem ausgehöhlten Baum- 
stamm) über die Gewässer rudern. — Edle Obstbäume gab es im Lande nicht. 
Man mußte sich mit herben Holzäpfeln und Holzbirnen begnügen. Der Wald 
lieferte Beeren aller Art, das kleine Ackerfeld brachte Mohrrüben und Rettiche, 
Kohl und Zwiebeln, Hafer und Gerste hervor. Die Weideplätze prangten in 
üppiger Fülle und gewährten den grafenden Rindern und Pferden saftige Kost. 
Im Dickicht der Wälder fanden Wölfe, Bären, Elentiere, Auerochsen, Wild- 
schweine, Hirsche und Rehe ein sicheres Versteck. (Namen wie Wolfshagen, 
Bernburg, Auerberg u. a. erinnern noch an jene Zeiten.) 
2. Bewohner. In dieses rauhe Land waren schon lange vor Christi 
Geburt die Germanen (= Nachbarn) eingewandert. Woher sie gekommen, 
wird nirgends berichtet; doch hat man aus ihrer Sprache geschlossen, daß sie 
aus Asien stammen. Sie waren groß und stark. Langes, blondes Haar um- 
wallte das Haupt. Bei einigen Stämmen wurde es zu einem Knoten zu- 
sammeugebunden. Als Kleidung diente ihnen ein wollenes oder leinenes Gewand. 
Darüber trugen die Männer einen Mantel oder ein Tierfell. Die Frauen 
zierten ihre Gewänder oft mit einem Purpurstreifen. Die Wohlhabenden 
hatten meistens eng anliegende Kleider. Ringe, Spangen und Ketten dienten 
Männern und Frauen als Schmuck. — Die Germanen wohnten in Dörfern 
oder auf Einzelhöfen. Am liebsten siedelten sie sich da an, wo ihnen eine 
Quelle, ein Feld oder eine Waldung besonders zusagte. Dort errichteten sie 
sich ihre einfachen Häuser und Hütten, die sie mit Stroh oder Schilf deckten. 
Neben dem Hause lagen die Schuppen und Ställe. Den ganzen Hofraum 
umschloß ein Plankenzaun, die Hofwehr. 
Kahnmeyer u. Schulze, Geschichte für Mittelschulen. HI. 1
	        
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