Full text: Alte Geschichte (Teil 1)

trauben der herrlichen Ery thrina corallodendron, welche ursprüilglich 
in den Wäldern als Rand- und Unterholz einheimisch, jetzt häufig 
zu Zäunen an Wegen verwendet wird, und durch das steife Stachel¬ 
kleid ihrer jüngeren Zweige einen undurchdringlichen Schntz gegen die 
5. überall sich herumtreibenden Hausthiere gewährt. Der Baum ist 
einer von denen, welche zur Winterszeit ihre Blätter fallen lassen, 
daher er bent Reisenden, der ihn schon für abgestorben hält, eine 
Ueberraschung gewährt, wenn er ihn im Frühjahr zuerst mit den 
prachtvollen Blumen sich bekleiden und hinterher große gedreite 
10. Blätter treiben sieht. Der Stamm älterer Bäume, mit einem lockeren 
Marke gefüllt, pflegt sich sonderbar tonnenförmig aufzublähen, um 
auch seinerseits zu den Merkwürdigkeiten des Gewächses beizutragen. 
Aber fast noch augenfälliger, als alle diese größeren Waldbäume der 
Leguminosen, sind die feinbelaullteu buschigen Unterhölzer, mit ihren 
15. gefingert gefiederten Blättern, deren Rippen und Stiele ebenso dicht 
gedrängt, wie die Zweige, mit kurzen Häkchen besetzt zu fein pflegen 
und überall, wo man geht oder reitet im Urwalde, die Kleider zu¬ 
rückhalten, die Hände schinden, selbst das Gesicht durchkratzen itnb 
trotz der ungemeinen Zierlichkeit ihres ganzen Wesens eine sehr un- 
20. angenehme Nachbarschaft im Walde abgeben. Denn mehr als ein¬ 
mal hat ein solcher Acacienbusch mir meinen Hut heruntergerissen 
und mich genöthigt, im tiefsten Koth abzusteigen, selbst mehrere 
Schritte durchzuwaten, um mir mein Eigenthum wiederzuholen. — 
Unter den Balsambäuinen der Leguminosenfamilie, welche die Ur- 
25. Wälder Brasiliens bewohnen, ist besonders der Copaibabaum 
(Copaifera officinalis) erwühnenswerth; er wird ziemlich groß, 
liefert außer den: Harze, das dem Stamm entquillt, auch ein brauch¬ 
bares rölhliches Holz, ähnlich dem der Buche, hat 8—4jochig ge¬ 
fiederte Blätter, wovon jedes Blättchen 1 Zoll lang ist, und kleine 
80. Blumen von weißlicher Farbe. 
Es würde uns zu weit von dem Totalüberblick abbringen, wollte 
ich in ähnlicher Art alle besser M'cmnteu eigenthümlichen Pflanzen¬ 
formen des tropischen Urwaldes besprechen; ich muß wohl abbrechen 
von diesen Eiuzelnheiten, und kann nur im Borbeigeheil daran er- 
85. innern, daß gerade die schönsten unb besten Nutzhölzer, welche wir 
in Europa verarbeiten, den Urwäldern der Tropenzone Amerikas ent¬ 
nommen werden. Nicht alle, aber doch mehrere derselben verbreiten 
sich bis nach Brasilien. Ein sehr naher Verwandter des geschätzteil 
Mahagoni-Baumes (Swietenia) ist der Cederbaum (Cedrela 
40. odorata), welcher überall in deil brasilianischen Urwälderil gefundeil 
und wegerl seiiles angenehmen Geruchs vielfach zu Arbeiten im 
Innern der Häuser benutzt wird. Als Material der Cigarrenkisten 
kennt das Holz auch in Europa fast Jedernlann. Das schöne, in 
neuester Zeit sehr gebräuchlich gewordene dunkle Jacaranda-Holz 
45. stamult eben daher; es kommt von einenl Baum der Leguminosen¬ 
familie (Nissolia Cabiuna), welcher mehr in den trockenen Waldungen 
des Jniiern gedeiht und darum schwierig bis an die Küste zu schaffcu 
ist. Die meisten Gewächse des Urwaldes gehöreil übrigens eigen¬ 
thümlichen Pflauzeufamilien der Tropenzone an, deren Repräsentanten
	        
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