82. Der Nordische Krieg. 1700-1721. 271
auf Moskau. Da aber ließ er sich vou dem Kosakenhetmann
Mazeppa, der sich von Rußlands Oberherrschaft freimachen wollte
und der ihm die Erhebung der Kosaken in Aussicht gestellt hatte,
verleiten, einen höchst beschwerlichen Zug in das südliche Rußland zu
unternehmen. Dieser mißlang aber völlig; die erhoffte Hilfe blieb aus,
es fehlte an Geld und Lebensmitteln, und Karl erlitt bei Poltawa
im Jahre 1709 durch Peter den Großen eine vollige Niederlage, verlor
sein ganzes Heer und mußte, um nicht in Gefangenschaft zu geraten,
mit einer kleinen Anzahl von Reitern über die nahe türkische Grenze
fliehen.
4. Der Zusammenbruch der schwedischen Macht und Karls Ende.
Karl wurde von dem Sultan ehrenvoll aufgenommen und blieb dort
bis zum Jahre 1714 in der Hoffnung, die Türken zu einem Kriege
gegen Rußland bestimmen und dann an ihrer Spitze als Sieger
durch Rußland heimkehren zu können. Inzwischen gingen jedoch alle
bisherigen Erfolge wieder verloren: Dänemark und Sachsen-Polen
traten von neuem in den Krieg gegen Schweden ein: August der
Starke vertrieb Stanislaus Leszczynski und bemächtigte sich wieder des
polnischen Thrones; Peter der Große dehnte seine Eroberungen an der
Ostsee über Esthland, Livland und einen Teil von Finnland aus. Auch
die schwedischen Besitzungen an der deutschen Nord- und Ostfeeküste
wurden nun von feindlichen Truppen besetzt, sogar Stettin wurde er-
obert, sodaß sich nunmehr auch Friedrich Wilhelm I. von
Preußen genötigt sah, die Waffen zu ergreifen und als eine Art
von Vermittler Teile von Schwedisch-Pommern vorläufig zu besetzen,
um es für Karl zu erhalten. Jetzt endlich kehrte Karl XII. aus der
Türkei zurück. In 16 Tagen legte er den Weg von Belgrad
bis Stralsund zurück. Da er die Forderungen Friedrich Wilhelms
nach Entschädigung halsstarrig zurückwies und den Abzug der Preußen
aus Stettin verlangte, schloß sich Friedrich Wilhelm I. nunmehr den
Feinden Schwedens an. Preußen, Sachsen und Dänen eroberten das
feste Stralsund, aus dem sich Karl kurz vor der Uebergabe durch die
Flucht gerettet hatte. Zurückgekehrt nach Schweden, fand Karl XII.
im Jahre 1718 bei der Belagerung der norwegischen Grenzfestung
Friedrichshall feinen Tod.
5. Der Friede von Stockholm. Im Jahre 1720 kam es zum
Frieden von Stockholm. An Preußen trat Schweden für 2 Milli¬
onen Taler Stettin und Vorpommern bis zur Peene nebst
den Inseln Usedom und Wollin ab. So kam durch den Nordischen
Krieg wenigstens ein Teil von Vorpommern wieder in deutsche Hände.
Rußland endlich gewann die Ostseeprovinzen Livland, Esthland und
Jngermanland. — Durch den Nordischen Krieg verlor Schweden seine
Stellung als europäische Großmacht; an seine Stelle trat Rußland.
6. Die Herzogtümer Bremen-Verden kommen an Hannover. 1715.
Nach dem Siege Peters des Großen bei Poltatoa besetzten die Dänen
die damals schwedischen Herzogtümer Bremen-Verden. Das konnte dem
Kurfürsten von Hannover nicht gleichgültig sein; er verbündete sich
deshalb mit den Dänen gegen die Schweden und suchte durch Verträge
