Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

112. Der Deutsch-französische Krieg. 1870—1871. 417 
Kriegsgefangenschaft. Die Uebergabe von Metz war zur rechten Zeit 
ekommen; sie machte die Armee des Prinzen Friedrich Karl frei für 
en Krieg im Innern Frankreichs. Die Kräfte unfrer wackern Sol- 
daten würden bei der schlimmen Witterung und den Anstrengungen des 
Dienstes auch nicht lange mehr ausgehalten haben. 
ä. Die Belagerung von Paris. Ein Teil des Heeres 
ging nach dem Norden Frankreichs, während Prinz Friedrich Karl mit 
dem andern der Loire zu zog; denn in diesen beiden Teilen Frankreichs 
waren eiligst neue Armeen gebildet worden. Die französische Regierung 
hatte alle waffenfähigen Männer zu den Waffen gerufen. „Krieg bis 
aufs Messer; Paris soll bis auf den letzten Stein gegen die Barbaren 
verteidigt werden", war ihre Losung. Die Belagerten rechneten auf 
die Hilfe der neuen Armeen im Süden, Westen und Norden Frank- 
reichs. Diese mußten von Paris fern gehalten werden, damit sich die 
Belagerer ganz ihrer Aufgabe widmen konnten. Das war schwierig. 
Bei der großen Tragweite der französischen Geschütze mußte der Ein- 
schließungsring, den unsere Truppen bildeten, eine Ausdehnung von 
zwölf Meilen (90 km) nehmen. Dadurch wurde ein ausgedehnter, ge- 
fährlicher Vorpostendienst nötig. Jeden Augenblick mußten unsere 
Krieger feindliche Ausfälle erwarten, daneben drückende Entbehrungen 
ertragen, zu denen später auch noch Regen. Schnee und Kälte kamen. 
Das vermochte aber nicht, ihren freudigen Kampfesmut zu lähmen- 
alle Versuche der Pariser, durchzubrechen, waren vergeblich^ Mit dem 
27. Dezember begann die längst erwartete Beschießung der Stadt. Die 
Geschosse zündeten bald hier, bald da. In der Stadt entstand Auf- 
rühr; dann stellte sich gräßliche Hungersnot ein. 
Aus dem Tagebuche eiues Belagerten. Sonnabend, den 3. Dezember. 
Nahrungsmittel werden mit jedem Tage seltener. Gestern wurden alle unsere 
Wurste abverlangt. Noch haben wir die Kühe als letzten Brocken; indessen diese 
nützlichen Tiere werdender Milch wegen möglichst lange verschont. Sämtliche Tiere 
des zoologischen Gartens, mit Ausnahme der Affen, sind bereits verzehrt. 
Montag, 5. Dezember. Em Huhn kostet 26 Fr., eine Gans 45 Fr., ein Kohlkopf 4 Fr. 
Hundefleisch das Pfund 2 Fr., eine Katze 5 Fr., eine Ratte 1 Fr. Sonntag' 
15. ^anuar. Jeder Erwachsene erhält jetzt V27 Pfund Fleisch. 
8. Die Kämpfe gegen die Eutsatzarmeen. a. Im Norden und 
l-IV"' ®te ^"äosen versuchten, Paris durch die in den Provinzen 
gebildeten Heere zu entsetzen. Zunächst wurde eine Armee an der Loire 
gebildet und eine andere im Norden. Für uns galt es, diese Entsatzheere von 
Paris fernzuhalten. Die Nordarmee wurde namentlich bei Amiens 
(27. November), dann noch einmal am 19. Januar 1871 bei St. Quentin 
durch General von Göben so geschlagen, daß sie das Feld nicht mehr 
halten konnte. Der Loirearmee war der General von der Tann mit 
den Bayern entgegengeschickt; er hatte die Stadt Orleans besetzt 
cm r)' "ber die Loirearmee mittlerweile sich auf 150000 
Dxanrt verstärkt hatte, mußte von der Tann vor der llebermacht zurück- 
weichen und Orleans räumen (9. November). Inzwischen waren jedoch die 
Gruppen vor Metz freigeworden, und sofort rückten drei deutsche 
Armeekorps (X., III., IX. Korps) in schleunigem Marsche unter dem 
Prinzen Friedrich Karl nach der Loire, wo es Ende November und 
Tecklenburg u. Querfurth. Hilfsbuch f. d. Geschichtsunterricht. 27
	        
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