464 123. Kaiser Wilhelm IL 1888.
so die Volksbildung gefördert. Die Fortschritte der Wissenschaft und
Technik verfolgt der Kaiser mit Aufmerksamkeit, sei es auf dem Gebiete
der Elektrizität (drahtlose Telegraphie), der Luftschiffahrt. (Zeppelin),
der Geschichte, der Altertumskunde, der Polarforschung oder auf anderen
Gebieten. Gelehrte und Forscher erstatten ihm auf seine Einladung
besondere Berichte. Die Hohkönigsburg bei Schlettstadt im Elsaß und
die Saalburg bei Homburg, ein altes römisches Kastell, sind auf des
Kaisers Wunsch in der ursprünglichen Form wieder aufgebaut. — Mit
besonderer Vorliebe aber fördert er die Werke der Kunst. Die Haupt-
und Residenzstadt Berlin schmückte er mit den Standbildern der
brandenburgisch-preußischen Herrscher („Siegesallee"), verfolgte mit
Interesse die Herstellung des Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I.
vor dem Schlosse in Berlin. Bauwerke, wie der neue Dom in Berlin, das
Kaiser Friedrich-Museum, das Abgeordneten- und Herrenhaus u. a.,
sind auf seine unmittelbare Anregung entstanden. Künstler aller Art,
Architekten, Maler, Bildhauer und Tausende von Gewerbetreibenden
haben dabei dauernde Arbeit und lohnenden Erwerb gefunden. Der
Kaiser besucht selbst die Werkstätten der Künstler, um sich an der
Förderung ihrer Werke zu erfreuen. Kunstansstellungen, Gesangsfeste,
Musik- und Theateraufführungen finden an ihm einen eifrigen Förderer.
3. Die Kaiserin Auguste Viktoria. Die Gemahlin unfers Kaisers,
eine Tochter des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein, ist am
22. Oktober 1858 auf Schloß Dölzig bei Sommerfeld in der Mark
geboren. Ihren Namen trägt sie von ihren beiden hohen Taufzeugen,
den späteren Kaiserinnen Augusta und Viktoria. Den größten Teil
ihrer Jugendzeit verlebte die Prinzessin aus dem Schlosse Primkenau in
Niederschlesien. Als Prinz Wilhelm sie im Jahre 1881 heimführte,
wurde sie in Berlin mit großer Feierlichkeit, wie eine zweite Königin
Luise, empfangen. Das junge Paar hatte seinen Wohnsitz zunächst in
Potsdam, wo ihnen am 6. Mai 1882 ihr erster Sohn, der jetzige
Kronprinz Wilhelm, geboren wurde, der vom alten Kaiser Wilhelm
mit großer Freude begrüßt wurde. „Hurra, vier Kaiser!" hieß es
damals. Die Prinzessin ward eine echte Familienmutter. Die Er¬
ziehung ihrer sieben Kinder leitete und überwachte sie so viel als mög-
lich selbst, beteiligte sich an den Spielen der Kleinen, beaufsichtigte die
Schularbeiten und saß treu und sorgend am Krankenbett. Bei aller
Sorge für ihre eigenen Kinder vergaß sie auch der armen Kinder aus
ihrer Umgebung nicht, veranstaltete ihnen Weihnachtsbescherungen oder
lud sie zu festlicher Bewirtung ein. Noch größere Tätigkeit entfaltete
die hohe Frau, nachdem sie Kaiserin geworden. Jetzt betrachtete sie es
als ihre Aufgabe, die Wohlfahrt des Volkes zu pflegen, den Bau von
Kirchen, Erziehungsanstalten, Kranken- und Versorgungshäuser zu
fördern. Sie trat hier ganz in die Fußtapfen der Kaiserin Augusta.
Sie hat schon manche Not gelindert und manche Träne getrocknet, und
wo es ihr irgend möglich ist, da hilft und tröstet sie. Sie wird darum
auch von ihrem Volke verehrt und geliebt.
1. Stelle neben Wilhelm II. die Reihe seiner Vorsahren vom Großen
Kurfürsten an! Inwiefern läßt fich seine Regierungstätigkeit mit der des letzteren