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Das Zeitalter der Revolution.
C. Das Zeitalter der Revolution.
Übersicht.
Das Bestreben der Franzosen, die politischen, sozialen und wirt¬
schaftlichen Verhältnisse ihres Landes im Sinne der Aufklärungsideen
auszugestalten, bewirkte einen gründlichen Umsturz der bestehenden
Staats- und Gesellschaftsform in Frankreich. Dieser ging schließlich
so weit, daß in dem allgemeinen Chaos das Verlangen nach Wiederher¬
stellung einer gesicherten Ordnung immer stärker wurde. Eine solche konnte
jedoch, da die neugegründete Republik sich als ohnmächtig erwies,
nur von einer auf das Heer sich stützenden Gewaltherrschaft ausgehen.
So kam es zur Militärdiktatur Napoleons. Nun hatte aber die Revo-
lution in dem französischen Volke so viele politische und geistige Kräste
geweckt, daß Frankreich einen ungeahnten Aufschwung nahm und Na¬
poleon eine Universalmonarchie nach dem Muster Karls d.Gr. zu schaffen
suchte. Diese Bestrebungen fanden ihren entschiedensten Gegner in dem
meerbeherrschenden England und so führten die Verhältnisse zu einem
Ringen Englands und Frankreichs um die Weltherrschaft. Da zu dem
unbesiegbaren Widerstande Englands schließlich noch das Aufsteigen
Rußlands und die Erhebung der geknechteten Nationen
sich gesellten, erfolgte unter der Führung Rußlands und Englands die
Niederwerfung Frankreichs und die Neugestaltung Europas durch den
Wiener Kongreß. — Im Innern erzeugten die Überspannung der Auf¬
klärungsideen und das daraus sich ergebende Unheil eine weitgehende
Abneigung der regierenden Kreise gegen die Ausklärung und den Wunsch
nach Neubelebung der staatlichen und kirchlichen Autorität (Heilige
Allianz, Reaktion).
I. Die Entwicklung der Französischen Revolution und
ihrer Begleiterscheinungen.
Die Ursachen der Revolution.
Wohl nirgends drangen die mit der Aufklärung zusammenhängenden
Anschauungen und Wünsche so tief ins Volk wie bei den beweglichen, für
den Fortschritt sehr empfänglichen Franzosen. Während aber die übrigen
Staaten bzw. deren Regierungen den neuen Ideen durch entsprechende
Reformen wenigstens einigermaßen gerecht wurden, verharrte Frank¬
reich in politischen und sozialen Zuständen, die sich nicht bloß Überlebt
hatten sondern auch vollständig entartet waren.
1. Politische Ursachen. Nach wie vor blieb der Ausschluß des Volkes von der
Mitregierung bestehen, da man die R e i ch s st ä n d e (seit 1614) nicht mehr be-