Full text: Geschichte der Neuzeit (H. 3)

138 
Das neue Deutsche Reich. 
4. Der Dreibund. Der Berliner Kongreß hatte verhindert, daß 
Rußland auf der Balkanhalbinsel einen Länderzuwachs erhielt. Die 
russische Mißstimmung richtete sich gegen Bismarck, den Vorsitzenden des 
Kongresses, obwohl das Deutsche Reich nur als neutrale Macht die 
Gegensätze auszugleichen gesucht hatte. Der russische Kaiser zog sich vom 
Dreikaiserbündnis zurück. 
Darauf schloß das Deutsche Reich mit Österreich und Italien den 
Dreibund. Dreibund, der bis zum heutigen Tage die beste Stütze zur Aufrecht- 
erhaltung des europäischen Friedens gewesen ist. 
Doch gelang es Bismarck, auch das Verhältnis zu Rußland wieder 
sichermifls- freundlicher zu gestalten. Im Jahre 1884 schloß er den sog. Rückver- 
^Rußland** sicherungsvertrag auf sechs Jahre. Die Vereinbarung lautete dahin, 
daß Rußland neutral bleiben solle, wenn das Deutsche Reich von Frank- 
reich angegriffen werde, dafür würde das Deutsche Reich bei einem Angriff 
Österreichs auf Rußland nicht eingreifen. Nach Ablauf der sechs Jahre 
wurde der Vertrag nicht erneuert, Rußland näherte sich der Französischen 
Republik, mit der am Schluß des Jahrhunderts ein festes Bündnis zu- 
stände kam, das der Zweibund genannt wird. 
2. Der innere Ausbau des Deutschen Reiches. 
Das Bundes- 1. Das neue Deutsche Reich. Das Deutsche Reich ist ein Bundes- 
staat. Das Bundesgebiet umfaßt die Staaten des ehemaligen Norddeutschen 
Bundes, die vier süddeutschen Staaten und das Reichsland Elsaß-Lothringen. 
Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preußen zu, der 
den Titel Deutscher Kaiser führt. Er erklärt im Namen des Deutschen 
Reiches, nach Zustimmung des Bundesrats, Krieg und schließt Frieden. 
Er hat den Oberbefehl über das Heer und die Marine, beruft und schließt 
den Bundesrat und den Reichstag. Er ernennt den Reichskanzler und die 
Reichsbeamten. 
2. Das Heerwesen. Die gesamte Landmacht des Reiches bildet ein 
einheitliches Heer, das in Krieg und Frieden unter dem Oberbefehl des 
Kaifers steht. Jeder wehrpflichtige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in 
der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, dem 
stehenden Heere an, und zwar die zwei oder drei ersten Jahre bei der 
Fahne, die letzten in der Reserve, die folgenden fünf Lebensjahre der 
Landwehr ersten Aufgebots und sodann bis zum 39. Lebensjahre der 
Landwehr zweiten Aufgebots. Die Friedensstärke des Heeres wurde 
dem Anwachsen der Bevölkerung gemäß auf 506000 Mann festgestellt und 
Ausbildung und Ausrüstung stetig vervollkommnet. Mit Stolz durfte 
Bismarck im Jahre 1888 im Reichstag erklären: „Wir Deutsche fürchten 
Gott, sonst nichts auf der Welt!"
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.