Full text: Geschichte der Neuzeit (H. 3)

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des 17. und 18. Jahrhunderts zur ersten Stelle aufstieg, dank einer 
Reihe bedeutender Fürsten. Der erste von ihnen ist Friedrich Friedrich 
WilhelmI., der „Große Kurfürst“ (1640—1688). Bei seiner nd 
Thronbesteigung war Brandenburg ohne politische Bedeutung und u 
wirtschaftlich zerrüttet; seiner Klugheit gelang es, im West- (1640-1688). 
fälischen Frieden die großen geistlichen Fürstentümer Magdeburg 
und Halberstadt, ferner Hinterpommern für Brandenburg zu. er- 
werben. Da diesem überdies durch Erbschaft am Rhein bedeutende Er- 
Besitzungen zugefallen waren und auch das Herzogifum erbungRn: 
Preußen seit dem Aussterben der dortigen Linie der Hohen- 
zollern (1618) unter der Herrschaft des Kurfürsten von Branden- 
burg stand — wenn auch vorläufig unter polnischer Oberhoheit —, 
so gebot er bereits vom Rhein bis zur Memel. Die Stände, die _ Innere 
seiner Politik vielfach widerstrebten, unterdrückte er mit unbeug- Hegierung 
3amer Härte und wußte ein Staatsgebilde zu schaffen, in dem ein 
militärischer Geist strengen Gehorsams und unbedingter Pflicht- 
erfüllung herrschte. Die Tüchtigkeit des brandenburgischen Heeres 
bewährte sich glänzend während des zweiten Raubkrieges, besonders _ 
in dem Sieg, den es bei Fehrbellin (1675) über die Schweden Yo Pop 
erfocht. — Außerordentlich viel tat Friedrich Wilhelm I. auch für bellin. 
die wirtschaftliche "Hebung seiner Länder und bei seinem Tode 
hatte Brandenburg-Preußen alle deutschen Staaten mit Ausnahme 
Österreichs bei weitem überflügelt. 
So wenig Macht die meisten deutschen Fürsten tatsächlich 
hatten, so suchten doch fast alle durch äußeren Glanz ihre Stellung 
als unabhängige Herrscher zu beweisen. Nach dem Beispiel des 
„Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. erbauten sie sich prächtige Resi- Fürstliche 
denzen; es entstanden ganz nene Städte, deren Namen noch heute entfalten 
an ihre fürstlichen Gründer erinnern („Karlsruhe“, 1715 vom . 
Markgrafen Karl Wilhelm von Baden, „Ludwigsburg“, 1706 
von Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg angelegt). Dort 
sammelte sich der Adel des Landes, denn bei der sinkenden Der Adel. 
Macht der Stände suchten die Adeligen die einflußreichen Hofämter 
und die Offizierstellen zu erlangen. In vielen Staaten wurden diese 
nur mit den jüngeren Söhnen adeliger Familien („Kadetten“ von 
Cadet, jüngerer Sohn, auch „Junker“) besetzt. So verwandelte sich 
der alte Adel, der früher oft feindlich gegen die fürstliche Macht 
aufgetreten war, meistens in einen gefügigen Hofadel. Daneben 
entstand durch fürstliche Gnade auch der neue „Brief adel“, 
indem die Herrscher getreue Beamte und Offiziere aus bürger-
	        
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