Full text: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

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IX. aus der Staats- und Bürgerkunde. 
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90. Der Sltaalshaushalt. 
Der Staat ist, um seinen Aufgaben gerecht zu werden, zu großem 
Geldaufwande gezwungen; er muß daher auch die zu diesem Zwecke er— 
forderlichen Muͤtel aufbringen. Die Staatswirtschaft gleicht darin jedem 
Einzelhaushalte, insofern auch sie, der größte aller Einzelhaushalte, Aus— 
gaben und Einnahmen nötig macht. Es ergibt sich jedoch der doppelte 
Ünterschied: 1. daß im Privathaushalt die Ausgaben sich nach dem Ein— 
kommen zu richten haben, der Staat dagegen zuvörderst die notwendigen 
Ausgaben feststellt und danach kraft seiner Zwangsgewalt das Maß seiner 
Einnahmen bestimmt; 2. daß der Privatmann Ersparnisse zu erzielen 
und ein Vermögen anzusammeln sucht, der Staat aber sich diese Aufgale 
nicht stellt, sein Streben vielmehr nur dahin richtet, daß Einnahmen 
und Ausgaben sich decken. 
Wie demnach in der Staatswirtschaft zunächst der Bedarf und dann 
erst seine Deckung in Frage kommt, so wollen auch wir uns hier zu— 
vörderst mit den Leistungen des Staates und seinen Gelderfordernissen, 
nachher mit seinen Einkünften beschäftigen. 
L Der Finanzbedarf oder die Staatsausgaben. 
Der moderne Staat ist ein Rechts- und Kulturstaatz; alle seine 
Leistungen fallen unter die beiden Staatszwecke: den Rechts- und 
Sicherheitszweck und den Wohlfahrts- und Kulturzweck. 
Der Staat hat sein Gebiet und jeden seiner Angehörigen gegen 
innere und äußere Angriffe zu schützen. Dabei handelt es sich nicht 
nur um die Abwehr oder Unterdrückung bereits eingetretener Rechts⸗ 
störungen, sondern noch mehr um vorbeugende Einrichtungen. Der 
Finanzbedarf wird hierdurch bedeutend erhöht, die Gefahr der Rechts— 
störungen aber vermindert und die Abwehr seltener nötig. 
Im Heerwesen vor allem kommt es darauf an, nach dem Satze 
„Si s pacem, para bellum“ (Wenn du den Frieden willst, so bereite 
ben Krieg vor) feindselige Angriffe durch eine feste Organisation ent— 
weder zu verhüten oder erforderlichenfalls sofort abwehren zu können 
Die Aufstellung einer stehenden Armee und Flotte, die Erbauung von 
Kasernen, Festungen und Häfen, die Ansammlung von Vorräten an 
Waffen, Pferden und sonstigem Kriegsmaterial: alles das sind daher 
unerläßliche und keineswegs unproduktive Ausgaben des Friedens, so 
gewaltige Summen sie auch in Anspruch nehmen. Denn der Finanzbedars 
des Militärwesens ist in der Tat der weitaus größte Ausgabeposten
	        
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