18. Wilhelm I. als Kaiser.
203
In seiner Gegenwart wurden (1875) das Hermannsdenkmal bei
Detmold sowie (1883) das Siegesdenkmal auf dem Niederwald
(Bild 76) enthüllt, 1880 der Cölner Dom feierlich eingeweiht (Bild 26)
und 1887 der Grundstein zum Kaiser-Wilhelm-Kanal gelegt. Leider
mußte das deutsche Volk den Schmerz erleben, daß 1878 zweimal
von verkommenen Menschen auf den greisen Helden geschossen wurde.
Bei dem zweiten Attentat wurde Kaiser Wilhelm schwer verwundet, so
daß er sür kurze Zeit die Regierung seinem Sohne, dem Kronprinzen
Friedrich Wilhelm, übergeben mußte. In seiner Familie war der König
reich gesegnet. Das Kaiserpaar feierte 1879 seine goldene Hochzeit; am
6. Mai 1882 wurde seinem Enkel, dem Prinzen Wilhelm, ein Sohn
geboren, den der Urgroßvater selber aus der Taufe hob. „Hurra, vier
Könige!" telegraphierte der Kaiser zurück, als er die Nachricht von der
Geburt des Urenkels erhielt. Am 22. März 1887 erlebte er noch in
seltener Rüstigkeit seinen 90. Geburtstag? Doch die letzten Tage seines
Lebens brachten dem Kaiser noch schwere Heimsuchungen. Zu eigenen
körperlichen Gebrechen gesellte sich der Schmerz über die unheilbare
Krankheit, die den im fernen Süden weilenden geliebten Sohn und
Thronerben befallen hatte. Anfang März erkrankte der Greis. Während
er unter heftigen Schmerzen geduldig auf seiner eisernen Feldbettstelle lag,
widmete er auch noch die letzten Kräfte dem Wohle seines Volkes, indem
er sich mit dem Fürsten Bismarck besprach oder dem Prinzen Wilhelm
Ratschläge erteilte. Und als seine Tochter, die Großherzogin von Baden,
ihn besorgt fragte: „Wirst du nicht müde?" erwiderte er: „Ich habe jetzt
keine Zeit, müde zu sein!" Dies ist das letzte Wort aus seinem Munde;9- ®iätä
bald darauf entschlief er. Tief bewegt legte sein treuer Diener, Fürst
Bismarck, dem deutschen Reichstage die letzte amtliche Unterschrift vor,
die der Todkranke noch am Tage vor seinem Abscheiden vollzogen hatte.
Den Gefühlen des ganzen deutschen Volkes gab der Präsident des Reichs-
tages mit den Worten Ausdruck: „Der große Kaiser, der Deutsch
lands Einheit gegründet hat, ist tot. Kaiser Wilhelm, den das
deutsche Volk wie einen Vater liebte und verehrte, ist nicht
mehr unter uns. Keines Menschen Mund kann dem Schmerze
Ausdruck geben, der ganz Deutschland erfüllt. Wir beugen
uns in Demut vor Gott!" Auf den Wunsch des entschlafenen Kaisers
wurde er an der Seite seiner Eltern in Charlottenburg beigesetzt.
Die Kaiserin Augusta überlebte ihren hohen Gemahl nicht lange.
Wie schon seither, so war sie bis zu ihrem Tode unablässig bemüht,
„Tränen zu stillen, Wunden zn heilen, Kummer zu lindern, frohe und
glückliche Menschen zu machen". Durch die von ihr ins Leben gerufenen
schönen Rheinanlagen bei Koblenz sowie durch zahlreiche Vereine und