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Die Neue Zeit.
Gewalt einzuführen suchte. Der Gottesdienst hörte an vielen Orten auf. denn
die Geistlichen gingen lieber ins Elend, als daß sie das Interim annahmen.
3. Herzog Moritz'Umkehr. In Norddeutschland leistete Magdeburg
dem Kaiser den heftigsten Widerstand. Hier sammelten sich die vertriebenen
Geistlichen und sandten ihre Streitschriften gegen den Kaiser und das
Interim in die Welt. Karl beauftragte deshalb Moritz von Sachsen, die
Stadt zu züchtigen. Aber dessen Absicht war es nicht, ein kaiserliches
Werkzeug zu sein. Er sah mit Besorgnis auf die Macht und das willkür¬
liche Auftreten des Kaisers; es wurmte ihn. daß sein Schwiegervater noch
immer gefangengehalten wurde; es wurde ihm auf die Dauer unerträglich
daß er von seinen Glaubensgenossen allgemein als der ..Judas "der evangelischen
Sache bezeichnet wurde. Diese Gründe bewogen ihn, sich während der Belage-
rung mit andern unzufriedenen Fürsten über eine Empörung gegen den Kaiser
zu verständigen. Um sich die nötigen Geldmittel zu verschaffen, trat er mit dem
französischen König Heinrich II. in Verbindung und erlaubte ihm, die zum
deutschen Reiche gehörenden Städte Metz, Tonl und Verdun zu besetzen.
Mit Magdeburg schloß er Frieden. Dann brach er plötzlich in Eilmärschen gegen
den nichts ahnenden Kaiser auf, der sich gichtkrank in Innsbruck aufhielt. Nur
1552. mit Mühe entging dieser der Gefangennahme. Im Passauer Vertrage
mußte er freie Religionsübung bis zum nächsten Reichstage bewilligen. Die
beiden gefangenen Reichsfürsten erhielten die Freiheit.
Ein Versuch des Kaisers, dem französischen König wenigstens Metz
zu entreißen, war vergeblich. Die wichtige Festung blieb über drei Jahr-
hunderte dem Reiche verloren.
4. Der Augsburger Religionsfriede. Der entscheidende Reichstag
wurde in Augsburg abgehalten und von des Kaisers Bruder Ferdinand
geleitet. Die Gleichberechtigung des Augsburgischen Bekenntnisses
1555. (nicht des reformierten) mit dem katholischen wurde anerkannt. Die
Reichsstände (die Fürsten und die Obrigkeiten der Reichsstädte) beider Be-
kenntnisse hatten das Recht, das Bekenntnis ihrer Untertanen zu bestimmen.
Wer sich nicht fügen wollte, durfte auswandern. — Geistliche Gebiete, deren
Inhaber zum Protestantismus übertreten würden, sollten der katholischen
Kirche verbleiben; die Inhaber durften nur für ihre Person übertreten und
mußten ihre Stellung und ihr Amt aufgeben. Die Evangelischen protestierten
gegen diesen „geistlichen Vorbehalt".
5. Karls Y. Ende. Der Kaiser, der weder gegen die Protestanten noch
gegen die Fürstengewalt, weder gegen die Türken noch gegen die Franzosen
Befriedigendes erreicht hatte, legte 1556, krank und der Regierung über-
drüssig. die Krone nieder. Spanien, Neapel, Mailand, die Niederlande und
die Kolonien erhielt sein Sohn Philipp II.; in der Kaiserwürde folgte ihm
sein Bruder Ferdinand I. In dem spanischen Kloster St. Just ist er
zwei Jahre später gestorben. (Pfoten: Der Pilgrim von St. Just.)
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