Full text: Deutsche Geschichte bis zur Gegenwart mit Einschluß der wichtigsten Kapitel aus der allgemeinen Weltgeschichte und mit Belehrungen aus der Staatskunde (Teil 3)

15. Hreiwillige in Breslau. „Der König rief, und alle, alle kamen." 
Das Bild versetzt uns vor das schöne gotische Rathaus auf dem Ringe 
von Breslau und in das ernst-freudige Treiben der preußischen Helden- 
zeit des Frühjahrs 1813. Die Wand des Eckhauses der (Dhlauer Straße, 
genannt zur goldnen Krone (f. rechte Seite des Bildes), trägt den auf- 
ruf des Königs „En mein Volk"- im Hause selbst, einer Empfangstelle 
für freiwillige Gaben, gehen Bürger aus und ein. Der £inieninfanterift 
vor der Türe harrt eines Befehls. Auf der Straße herrscht überall 
wiedersehen und abschiebnehmen: rechts der Offizier der Landwehr- 
reiterei, vor dem portal der freiwillige Jäger, in der Mitte der Land- 
wehroffizier in Wachstuchmütze mit weißem Blechkreuze, sonst wohl ein 
Gutsbesitzer ober ein Beamter aus dem Kreise, links der Student; sie 
alle samt ihren Angehörigen und Freunden sind im Banne der großen 
Stunde. Hn dem Planwagen leitet ein Dragoner-Unteroffizier die aus- 
gäbe von Gewehren; er prüft eben die anweisung, die ihm ein Land- 
tvehrmann vorweist. Der General im Hintergründe schaut freudig bewegt 
mit Kennerblick auf die neuen Soldaten; er fühlt, solcher Begeisterung 
gehöre der endliche Sieg. — Die Zivilpersonen sind in der Tracht der 
Seit: die Männer in langen, engen Beinkleidern und im Frack, die 
Frauen in schlicht anliegenden Klef dem mit hoher Taille. 
16. Die erste Eisenbahn. Den anbruch einer neuen Seit bedeutet 
der uns unscheinbar dünkende Wagenzug, der auf dem Steindamme 
daherfährt, auf der ersten größeren deutschen Eisenbahn von Leipzig 
nach Dresden, von Friedrich List angeregt, von weitblickenden Leipziger 
Kaufleuten unter unzähligen Schwierigkeiten (1837—39) vollendet, ward 
sie zu einem der ersten Fäden des großen und dichten Eisenbahnnetzes, 
das heutzutage Deutschland und alle Kulturländer überzieht, als die 
Leipziger Bahn nach und nach bem Verkehr übergeben würbe, schwanben 
schnell bie Vorurteile gegen sie. Wer zuerst staunenb, aber mißtrauisch 
am Wege gestanben hatte, wagte bald selbst die Fahrt und fand, daß 
weder in den ganz offenen wagen dritter, noch in den unverglasten 
zweiter Klasse der Luftdruck tötete, wie ängstliche Gemüter prophezeit 
hatten. — auf unserm Bilde kreuzt sich mit der Eisenbahn noch die 
schwerfällige Postkutsche und der vierspännige Frachtwagen. „(Eure Seit 
ist vorbei!" glaubt man aber in den Mienen der Zuschauer zu lesen, 
deren Tracht uns noch recht altmodisch vorkommt, sowohl an dem Maut¬ 
beamten und dem Landgendarmen links als auch an den Bürgern rechts. 
Breite Halsbinden und spitze Vatermörder zwingen zu steifer Haltung. 
Freier schon ist die Tracht der vier Studenten, aber auch sie erscheint 
uns veraltet („altfränkisch"). Der Zylinderhut der Männer dünkt uns 
nicht minder seltsam als der Hut der Frauen, der das (Besicht in weitem 
Bogen halbmondförmig umrahmt.
	        
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