Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

122 Zeitalter der Glaubensspaltung (Reformation). Religionskriege. 
überschritten." Die Lust, mit welcher sich die Sieger an der Qual der Ver- 
brecher weideten, ist ein trauriges Zeichen des rohen, unmenschlichen Zeit- 
geistes. Johann Friedrich wurde dem Kaiser auf Gnade und Ungnade über- 
liefert und starb nach 28jähriger Gefangenschaft auf dem Schlosse Wienerisch- 
Neustadt. Seine Söhne mußten bedeutende Kriegskosten zahlen, und nach 
ihrem frühen Tode fiel das Land an Johann Wilhelm (1567). 
Mit den Türken hatte der Kaiser trotz des Tributs viel zu kämpfen. 
Denn der ungarische Kronprätendent Johann Sigismund Zapolya 
rief den Sultan zu Hilfe. Als der alte So lim an II. mit einem Riesen¬ 
heere gegen den Kaiser zog (1567), hielt ihn die von dem Kroaten Zriny 
heldenmütig verteidigte kleine Festung Szigeth auf. Bei der Belagerung 
starb er (4. September 1567). Die Paschas verhehlten den Tod des Löwen 
und setzten den Kampf fort. Bei einem letzten Ausfalle suchte und fand 
Zriny mit der tapfern Besatzung den Tod. Die Zurückgebliebenen sprengten 
das Schloß mit den stürmenden Türken in die Luft (7. September). Soli- 
mans Nachfolger Selim II. schloß mit Max II. einen Waffenstillstand auf 
acht Jahre, der nach seinem Ablaufe verlängert wurde. Der Nachfolger 
Zapolyas (f 1571), der Wojwode Stephan Bathory von Sieben- 
bürgen, wurde 1576 von den Polen zum König gewählt. Max war weder 
ein Feldherr, noch ein tüchtiger Staatsverwalter; darum richtete er trotz der 
Reichshilfe nichts gegen die Türken aus. Bei seinem Tode (12. Oktober 
1576) hinterließ er sechs Söhne und zwei Töchter. 
Maxens Sohn Rudolf II. (1576—1612), in Spanien erzogen und 
schon bei Lebzeiten des Vaters als König von Böhmen und Ungarn gekrönt, 
war noch weniger kriegerisch gesinnt als seine meisten deutschen und spanischen 
Verwandten. Er hatte seine Freude an schönen Pferden und Kunstwerken, 
von denen er sich eine herrliche Sammlung anlegte, und trieb Alchemie und 
Astrologie; die Astronomen Tycho de Brahe und der von den Tübinger 
Theologen wegen seines Glaubens an das kopernikanische System censierte 
Johannes Kepler weilten an seinem Hofe. An die Astrologie glaubte 
damals fast alle Welt. Einen guten Professor hätte Rudolf vielleicht ab- 
gegeben, zum Kaiser taugte er nicht, namentlich nicht in jener Zeit der Gärung. 
Gegen die Protestanten verfuhr er nicht so glimpflich wie sein Vater. Als 
in Wien der Prediger Opitz gegen den Papst losfuhr und mit seinen Amts- 
brüdern unziemlich über die Erbsünde stritt, verwies er sie sämtlich, hob dann 
alle nicht privilegierten Pfarreien auf und verbot die protestantischen Schulen, 
handelte aber bei diesem Verfahren nicht härter, als auch die andern Landesherren 
gegen ihre Unterthanen verfuhren, wenn sie andern Glaubens als sie selbst 
waren. Die Unduldsamkeit hielt eben fast alle befangen und ward selbst auf das 
nicht religiöse Gebiet der Wissenschaft übertragen. Als der Papst Gregor XIII.
	        
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