116 Das Mittelalter.
bestätigt und der Hansa die Zusicherung gegeben, daß bei einem Thron-
Wechsel nur ein ihr genehmer König gewählt werden dürfe.
Die Erfahrungen dieses Jahrzehntes bewirkten eine etwas festere
Fügung des Städtebundes. Die Führung lag tatsächlich bei den wendischen
Lübeck Borort. Städten, deren Haupt Lübeck Vorort der gesamten Hansa wurde.
Verfall der Hansa. Aber es ging langsam mit dieser Machtfülle des Städtebundes bergab.
Es dauerte lange genug, bis er die Seeräuber vernichtete, die als-Vitalien-
Gründe, brüder^) erst die Ostsee, dann als Likendeeler (Gleichteiler) die Nord-
see unsicher machten. Die Heringe, deren Verkauf wegen des Ber-
botes des Fleischgenusses an den Freitagen und in der Fastenzeit äußerst
einträglich war, stellten ihre Züge nach der Küste Schonens ein, um sich
noch mehr als bisher nach Holland zu wenden. Mehrere bedeutende Binnen-
städte wie Berlin-Kölln mußten sich ihren stärker gewordenen Landesherren
fügen und ausscheiden. Seit dem 15. Jahrhundert gestattete Dänemark den
Engländern und Holländern, durch den Sund zu fahren, also einen Teil
des Ostseehandels an sich zu reißen. Dazu kam, daß die diesem Meere
nahen Staaten mächtiger wurden und, während die Hansa des Rückhaltes,
wie ihn ein einiges deutsches Reich mit entschlossener Handelspolitik hätte
gewähren können, entraten mußte, samt England nach wirtschaftlicher Selb-
ständigkeit trachteten.
Der letzte Kampf. Noch einmal rafften sich die Ostseehansen zu einem letzten Kampfe um
ihre alte Stellung auf. Als der am alten Glauben hängende Lübecker Rat
Jürgen Wullen- gestürzt war, erhob die Volkspartei Jürgen Wulleuwever zum Bürget-
wever. meister. Vereint mit Wismar, Rostock, Stralsund und andern „wendischen"
Städten zog er gegen Schweden und Dänemark das Schwert. Aber der
Erfolg blieb aus (1535). Jürgen Wnllenwever konnte sein Amt nicht be-
haupteu. Vom Bremer Erzbischof, in dessen Hände er gefallen war, an
Heinrich von Braunschweig ausgeliefert, mußte er eines gewaltsamen Todes
sterben. Lübeck aber büßte seine Vorortstellung ein.
Veränderte Wie nun die Eroberung Ägyptens durch die osmauischeu Türken
Welthandel? (^nfan9 des 16. Jahrhunderts) den morgenländischen Handel brach legte
6 e ' und damit außer Italien auch die oberdeutschen Städte schwer schädigte, so
veränderte die Entdeckung des Seeweges nach Ostindien und Amerika die
Folgen für die Richtung des Welthandels derart, daß nun die Portugiesen und Spanier
Hansa. ^ie ersten Seehandelsvölker waren. Da Vlamland und Holland zum Reiche
Karls V. gehörten, gelang es ihnen, die alte Blüte zu behaupten, ja, zum
Hauptstapelplatz Europas zu werden, nur daß nun Antwerpen an die
Stelle von Brügge trat. Die Ostseestädte aber mußten sich gefallen laffen, daß
Elisabeth von England den Stalhof schloß und ihre Kaufleute entfernte.
Waldsteins (Walleusteius) Plan, die Hansa wiederherzustellen, scheiterte.
Infolge des dreißigjährigen Krieges aber wurde Deutschland auf dem Gebiete
des Handels und Gewerbes eine Provinz der Engländer und Holländer.
1) Sie hatten sich aus den Besatzungen der Kaperschiffe entwickelt, welche Rostock
und Wismar nach Überwältigung des Schwedenkönigs Albrecht von Mecklenburg
(1389) mit „Vitalien" (Lebensmitteln) der noch treu zu ihm haltenden Stadt Rostock
zu Hilfe geschickt hatten.