Dritter Abschnitt.
Vom Welffillifchen Frieden bis zur Segenwarf.
I. Die Veränderung der ZVeltlage.
Einst war das deutsche Volk die mächtigste und angesehenste
Nation der Christenheit gewesen. Am Schlüsse des furchtbarsten aller
Kriege lag es in tiefer Ohnmacht und war für lange Zeit unfähig zu
großen Taten. Andere Völker aber waren emporgekommen und er-
füllten die Welt mit ihrem Ruhme. Vor allen zwei: England und
Frankreich. Das kühne England hatte unter der ruhmreichen
Regierung der Königin Elisabeth das meerbeherrschende Spanien
beiseite geschoben und war um 1650 gerade daran, sich die Herrschaft
auf dem Weltmeere für lange zu sichern. Frankreich schickte sich damals
an, Europa zu knechten. Beide hatten schwere innere und äußere
Kämpfe zu bestehen gehabt und waren gekräftigt aus ihnen hervor-
gegangen. In England hatte sich eine Volksvertretung, das Parla-
ment, auf Kosten des Königtums große Rechte erworben
und konnte es sogar wagen, den König Karl I., der diese Rechte ver¬
letzte, 1649 als Hochverräter hinrichten zulassen. In Frankreich
dagegen wurden die ursprünglich großen Rechte der Untertanen
ganz zugunsten der königlichen Macht beseitigt. Zwei
gewaltige Minister, die Kardinäle Richelieu und M a z a r i n, hatten
das schwierige Werk vollbracht. Noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts
empörten sich die Adeligen Frankreichs oft gegen den König; gefiel
ihnen eine seiner Anordnungen nicht, so verweigerten sie ihm den Ge-
horsam und griffen zu den Waffen. Aber jene beiden Männer be-
zwangen sie und gewöhnten die Trotzigen zum Gehorsam. Als der
sterbende Mazarin 1660 die Zügel der Regierung in die Hände
des jugendlichen Ludwigs XIV. legte, da war die königliche Macht
unumschränkt (absolut).