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XIII. Napoleon Bonaxarte.
1. Bonapartes Herkunft und erste Erfolge. Am 15. August
1769 wurde zu Ajaccio auf Korsika dem Advokaten Bonaparte ein
Sohn Napoleon geboren. Die Insel war kurz vorher an Frank-
reich gekommen. Napoleons Jugend war hart; denn er hatte viele Ge-
schwister, und der Vater starb früh. Es gelang, ihn in der Kriegs-
schule zu Brienne unterzubringen, und bald wurde er Artillerie-
leutnant. Der junge Offizier war sehr zurückhaltend, fleißig und
sparsam, aber wegen seines herrischen Wesens unbeliebt. Rastlos ar-
beitete der kleine, hagere Mann an seiner Ausbildung. Ein unbezähm-
barer Ehrgeiz verzehrte ihn. Um emporzukommen, schloß er sich
gegen seine Überzeugung den Jakobinern an. Bei der Belagerung
von Toulon 1793 ward dem zum Hauptmann Beförderten end-
lich die heißersehnte Gelegenheit, sich hervorzutun. Unter seiner Anleitung
wurde die Stadt durch wirksame Beschießung gewonnen. Bald war er
General und half dem Direktorium durch sein Eingreifen in den
Sattel. Zur Belohnung übertrug es ihm der Oberbefehl in
Italien gegen Österreich. Dieses stand gegen Frankreich schon seit
1792 im Kriege und war mit England im Bündnis. Wenige Tage
vor seinem Abgange zur Armee verheiratete er sich mit einer adeligen
Witwe, Josephine Beauharnais, deren Gatte von den Jakobinern
guillotiniert worden war.
Die Armee befand sich in kläglichem Zustande, aber Bonaparte
wußte sie durch tüchtige Führung und Aussicht aus' reiche Beute in eine
sie gh afte Stimm ung zu bringen. Bald waren die Österreicher
geschlagen, und Bonaparte fühlte sich als Meister von Italien.
Jetzt zeigte sich, daß er das Plündern von den Jakobinern gelernt
hatte. Von den Bewohnern wurden ungeheure Summen erpreßt, und die
hervorragendsten Kunstwerke wanderten als Beute nach Paris. Mit
Österreich machte er dann Frieden und überließ ihm gegen Abtretung
der Lombardei Venedig, doch nicht, ohne es vorher um viele Millionen
erleichtert zu haben.
2. Der Zug nach Ägypten. Gern hätte sich Bonaparte schon jetzt
an die Spitze des Staates gestellt. Aber er fühlte selbst, sein Ruhm
war dazu noch nicht groß genug. „Die Frucht ist noch nicht
reif", fagte er. Frankreich befand sich zwar schon damals in
größter Unordnung; die Jakobiner hatten bloß zerstört,
und die Mitglieder des Direktoriums, lauter mittelmäßige Köpfe, waren
nicht imstande, in dem furchtbaren Wirrwar Ordnung zu schaffen. Er
sah voraus, daß unter ihrer Leitung Frankreich bald ganz aus den
Fugen gehen mußte. Bis dies geschähe, wollte er seinen Ruhm ver¬
mehren und dann als Retter in der Not erscheinen. Darum ließ er
sich den Oberbefehl für eine Expedition nach Ägypten übertragen.