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VIII. König und Kaiser Wilhelm I. 1861 — 1888.
Paris abgeschnitten war. Um ihn hier einzuschließen, blieben
sieben Armeekorps unter dem Prinzen Friedrich Karl zurück.
Aus ändern Truppen wurde eine IV., die Maas-Armee, unter
dem Kronprinzen Albert von Sachsen gebildet, die zusammen
mit der III. Armee sich gegen Mac Mahon wenden sollte. Dieser
wollte von Chälons nach Paris gehen. Aber die Regierung, die
dem Yolke immer noch Siegesnachrichten vorgelogen hatte, ließ
das nicht zu, da sein Erscheinen in Paris zweifellos einen Auf¬
stand hervorgerufen hätte. Er sollte unter allen Umständen suchen
sich mit Bazaine zu vereinigen. Daher wandte sich Mac Mahon
nach Nordosten. Als Moltke diese .Absicht der Feinde durch¬
schaute, ließ er die III. und IV. Armee Rechtsum machen, um
Mac Mahon nach Norden zu treiben auf die Festung Sedan zu,
die an der Maas unweit der belgischen Grenze liegt.
Am 1. September begannen die deutschen Truppen, 200000
Mann stark, die Franzosen in dem Talkessel von Sedan einzu¬
schließen. Es kam zu erbitterten, ja schauerlich wilden Kämpfen,
wie solche die Bayern um den Besitz eines Dorfes zu bestehen
hatten. Schließlich war der eiserne Ring geschlossen. Am Abend
des 1. September gab sich Kaiser Napoleon kriegsgefangen; er
erhielt das Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel zum Aufenthalt (vgl.
S. 48). Nach dem Frieden ging er nach England, wo er gestorben
ist. Am 2. September mußte das in Sedan eingeschlossene Heer,
noch 83000 Mann stark, die Waffen strecken. „Welch eine
Wendung durch Gottes Führung!“ telegraphierte König Wilhelm
an die Königin Augusta.
c) Der Krieg gegen die Republik.
Auf die Nachricht hiervon brach in Paris die Revolu¬
tion aus. Napoleon wurde abgesetzt, die Republik ausgerufen, die
noch heute besteht, und die tatkräftige Fortsetzung des Krieges
beschlossen. Seit längerer Zeit befand sich eine französische
Besatzung im Kirchenstaat mit der Hauptstadt Rom, wo der
Papst als weltlicher Herrscher regierte und seine Macht nur
durch diese französischen Truppen aufrecht erhielt. Diese wur¬
den nun in die Heimat berufen. Da besetzten die Italiener
Rom und machten der weltlichen Herrschaft des Papstes ein Ende.