4 Land und Leute im alten Germanien.
Norden unseres Erdteil/ein) so daß ursprünglich ganz Irland, Schott-
land und England, ganz Frankreich, die heutige Schweiz, das ganze
Alpengebiet und Süddeutschland bis nach Böhmen (nach den Bojern
genannt! hinein nebst Strecken der Potiesebene von keltischen Völkern
bewohnt waren. Da aber nachmals die Römer unaufhaltsam gegen
Norden, die Germanen gegen Süden drängten, wurden die Kelten, die
in diese entgegengesetzte Bewegung gerieten, größtenteils aufgerieben und
haben sich nur auf den nordwestlichsten Halbinseln und Inseln unseres
Kontinents (Bretagne. Wales, Irland, Nordschottland) erhalten. So
gelangten die Germanen in dqt Besitz des heutigen Deutschland, welches
das Hauptland dieser Sprachfamilie bleiben sollte, unb bewohnten zur
Zeit Casars ein Gebiet, das von Nord- und Ostsee bis zur Donau,
von der Weichsel bis über ben Rhein zu den Vogesen und Ardennen
reichte.
Land und Leute im alten Germanien.
Land. Wir besitzen eine Schilderung von Land und Leuten des alten
Germanien, die Taeitus, einer der größten römischen Geschichtschretber,
(um 100 n. Chr. unter der Regierung des Kaisers Trajau) verfaßt
hat. Nach seiner „Germania" war Deutschland um Christi Geburt
Erzeugnisse, ein vielfach mit Wald und Sumpf bedecktes Land. Von Mineralien
lieferte es vornehmlich Eisen, Kupfer, Bernstein und Salz. Das nach
römischen Begriffen rauhe uub ungastliche Klima ließ nur Wald-
bänme ber Laub- und Nadelholzarten. Wiesengräser, Flachs. Getretde,
Rüben, Kohl und geringwertige Obstsorten gedeihen. Der Wem wurde
erst durch die Römer eingeführt. Die Tierwelt wies noch manmg-
Weheres und größeres Wilö auf als heutzutage'), so den Ur oder
Auerochs (eine wilde Rinberart), bas Wisent (eine Bisonart), dav
Elentier, Elch oder Schelch (eine)Hirschgattung mit breitem, schanfel-
förmigem Geweih), den Bären, Eber, Wolf, den Fuchs, deu Luchs^ die
Wildkatze, den Hirsch, das Reh u. a. m. Das gezähmte Rind und Pserd
wie das Kleinvieh und den Hund brachten die Germanen aus Asten mit.
Bevölkerung. Den Menschenschlag schildert Taeitus als groß vou Gestalt
und kräftig gebaut, blauäugig, blondhaarig, von frischer wertzer Haut-
färbe. Die einfache Kleidung bestand ans Tierfellen und Lmnenzeug,
das von den Frauen gewebt wurde. Einfach wie die Gewandung war
auch die Behausung: ein Bau aus Holz und Lehm (Fachwerk) rmt
Stroh gedeckt, war das Haus, das immer von hos- oder gartenahn
lichem Grunbftück umgeben, oft auch als Einzelhof inmitten bes Grund¬
besitzes seines Herrn lag. So wohnten bie Germanen tn weiträumigen
Dörfern ober auch in Gehöften ober Weilern. Städte waten thttert
unbekannt uub bas eingeengte Leben daselbst, das sie bei den Römern
kennen lernten, verhaßt. Von den geistigen Eigenschaften der
Germanen hebt Taeitus kriegerischen Mut, Treue dem ^elbstgewahlten
i) Fluß- und Ortsnamen erinnern noch an den altdeutschen Wildstand. wie
Urach. Aurach (Auerochsenwasser), Ebrach (Eberwasser), Bibra (Blberwasser), Wlesent
(= Bison) u. a. in.