Der spanische Erbfolgekrieg 1701—1714. 293
Ludwig XIV. hatte sich früher mit Wilhelm von Oranien über
eine Teilung der spanischen Monarchie in Verhandlungen eingelassen.
Jetzt entschied er sich für das Testameut Karls II. Dafür traten Eng- Allianz gegen
land und Holland nun für die Ansprüche des Kaisers ein. Dieser hatte Frankreich,
sich schon lauge vorbereitet, um das spanische Erbe wenn nötig auch mit
den Waffen zu erlangen, und verschiedene Fürsten des Reiches durch
Rangerhöhungen zur Hilfeleistuug gewonnen. So hatte er für das
welfische Haus Hannover (1692) eine 9. Kurwürde errichten lassen, die
Wahl des Kurfürsten August des Starken von Sachsen auf den Pol-
nischen Königsthron (1697) gefördert und endlich eingewilligt, daß sich
der prachtliebende Sohn des großen Kurfürsten, Friedrich III., am
18. Jauuar 1701 in Königsberg (als Friedrich 1.) zum König in
Pretißen krönte. Dafür hatte er den Kurfürsten Max Emannel von
Bayern von sich gestoßen, indem er das bayrische Erbrecht auf Spanien
verwarf und ihm nicht einmal die Niederlande zugestehen wollte, auf
welche er ihm doch während des Türkenkrieges Aussichten eröffnet
hatte.
Als daher der Krieg 1701 ausbrach, schlug sich Max Emannel mit Frankreichs
seinem Bruder Joseph Klemens, dem Kurfürsten von Köln, auf die Seite Bundes-
Frankreichs, während für den Kaiser das übrige Reich, besonders Branden- 8en0,'en'
bürg mit seiner kriegstüchtigen Armee, Holland und England, ferner
Portugal und endlich nach einigem Schwanken auch das Herzogtum
Savoyen-Piemont in Oberitalien kämpften. Das letztere wurde (erst 1703)
durch den daher stammenden Feldherrn des Kaisers, den Prinzen Eugen
von Savoyen, gewonnen.
Dieser war einer Nebenlinie des Hauses Savoyen (Carignan) ent- Engen von
sprossen und zu Paris geboren. Seine Mittter war die durch Geist Savoyen.
und Schönheit ausgezeichnete Nichte des Kardinals Mazarin. Von nnan-
sehnlichem Körper, wurde er von seiner Familie für den geistlichen Stand
bestimmt, aber „der kleine Abbe" wählte die militärische Laufbahn und
bat Ludwig XIV. um ein Kommando. Ludwig ließ sich durch das
Außere des Prinzen täuschen und schlug sein Gesuch ab, woraus dieser
in österreichische Dienste trat und 1683 zum erstenmal für das Haus
Habsburg kämpfte, dessen größter Feldherr er (nach Wallenstein) werden
sollte. Nachdem er den Türkenkrieg siegreich beendet, bewies er
Ludwig XIV. im spanischen Erbfolgekrieg, welches militärische Genie
dieser vou sich gestoßen, und blieb der Fahne, die er gewählt, treu,
auch als Ludwig ihn durch gläuzeude Anerbietungen in seine Dienste zu
ziehen suchte.
Der spanische Erbfolgekrieg begann 1701 in Oberitalien, wohin Beginn
Ludwig XIV. Truppen geschickt hatte, um sich des Herzogtums Mai-be* Ärie3e§ in
land zu bemächtigen und den Kaiserlichen die Alpenpässe' zu sperren. ^°^taUen
Aber der Prinz Eugen umging die feindlichen Stellungen, ließ durch
Winden und Seile die Geschütze über die steilen Abhänge der tridentiner
Alpen schaffen, drängte die Franzosen (durch zwei Siege bei Carpi und
Ehiari) von der Etsch an den Oglio zurück und brachte Savoyen zum
Anschluß an den Kaiser. Da ihn aber dieser schlecht unterstützte, geriet
der Kriegnutt ins Stocken uud Eugen begab sich nach Wien, um uot-
wendige Änderungen im dortigen Hofkriegsrat durchzusetzen.