70 Ende d. Ungarneinfälle 955. — Zweite Erneuerung d. röm. Kaiserwürde 962.
weg. Übrigens blieb Otto auch hier zunächst semer Familienpolitik treu,
indem er die wichtigsten Erzstühle des Reiches, Mainz und Köln, an
seine nächsten Verwandten gab. Mainz verlieh er seinem Sohne Wilhelm,
Köln seinem Bruder Bruno, dem er seit der Empörung Konrads des
Roten sogar eine Zeit lang die Verwaltung Lothringens übertrug.
Nachdem der Herzog-Erzbischos dieses Land mehrere Jahre (953—959)
musterhaft verwaltet hatte, teilte er es mit Zustimmung seines Bruders,
des Königs, in zwei Herzogtümer, Ober- und Niederlothringen.
Zersplitterung Hiemit hatte schon Otto d. Gr. ein neues Mittel zur Schwächung
bfieM?aSf''ber herzoglichen Gewalt ergriffen, von dem seine Nachfolger bis auf
Barbarossa ausgiebigen Gebrauch gemacht haben, die Zersplitterung der
alten Stammesgebiete in kleinere Territorien. Da die Begünstigung
geistlicher Wärventräger bei Verleihung von Land und Leuten von Ottos
des Großen Nachfolgern fortgesetzt wurde, so entwickelten sich (besonders
durch die Freigebigkeit Heinrichs des Heiligen), neben den weltlichen
auch geistliche Fürstentümer oder Kirchenstaaten in Deutschland, deren
Inhaber an Nang den weltlichen Fürsten sogar vorgingen.
Ende der Ungarneinfälle 955.
Nachdem die Ungarn 954 das Reich plündernd durchzogen hatten,
ohne namhaften Widerstand gefunden zu haben, brachen sie 955 zahl¬
reicher und übermütiger als je über die Grenze Bayerns ein. In
Angsburg leistete ihnen der treffliche Bischof Udalrich so lange erfolgreich
Widerstand, bis sich der Heerbann des Reiches unter dem König ge-
sammelt hatte. Dieser schlug und zersprengte das angeblich 100 000
Schlacht auf Mann starke Heer der Ungarn in der Schlacht auf dem Lechfeld')
dein^Lechfeld iq. August 95.5 so vollständig, daß die Ungarn von nun an ihre
Plünderungszüge nach Deutschland einstellten, ja das Land zwischen
Wieder- Enns und Leitha aufgaben, in das wieder bayerische Kolonisten (wie
entstehung berutlter Karl d, Gr.) zogen, so daß Otto d. Gr. der zweite Stifter der
" ntarf. 'bayerischen Ostmark geworden, aus der in der Folge Österreich er-
wachsen ist.
Zweite Ernenernng der römischen Kaiserwiirde 962.
Berengar hatte die ungnädige Ausnahme, die er zu Magdeburg
hatte erfahren müssen, nicht vergessen und suchte die inneren Wirren
und die Einfülle der Ungarn in Deutschland zu benutzen, um sich wieder
zum selbständigen Herrn von Italien zu machen. Zugleich strebte er
nach dem Vorgange der alten Langobardenkönige darnach, sich Roms
zu bemächtigen. Deshalb rief Papst Johann XII. den deutschen König
zu Hilfe. Zehn Jahre nach seinem ersten Jtalienerzng stieg Otto d. Gr.
Kaiserkrönung abermals über den Brenner, nahm mehrere Burgen Berengars und
von 962. rückte Anfang des Jahres 962 in Rom ein. Hier krönte ihn Johann XII.
*) In der Lechfeldschlacht fiel auf deutscher Seite Konrad der Rote, durch einen
Pfeil in den Hals getroffen; im selben Jahr starb Herzog Heinrich von Bayern, den
eine Erkrankung schon von der Teilnahme an der Schlacht auf dem Lechfeld zurück-
gehalten hatte.