Full text: Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

Karl IV. — Wenzel. 113 
Aachen bestimmt. Das Ausschreiben und die Wahl hatte 
der Erzbischof von Mainz zu besorgen, in der Zwischenzeit 
vom Tode eines Königs bis zur Wahl seines Nachfolgers der 
Pfalzgraf im Süden, Sachsen im Norden des Reiches das 
Vikariat zu führen. 
Durch diese letzte Bestimmung war der Anspruch der Päpste Rückverlegung 
auf die Reichsverwesung bei einem Interregnum beseitigt. Um auch des päpstlichen 
das mit dem mittelalterlichen Reich so eng verflochtene Papsttum Rom 1376. 
aus der Abhängigkeit, in die es Frankreich gegenüber geraten war, 
zu befreien pflog Karl IV. lange Unterhandlungen. Endlich 1376 
verlegte Gregor XI. die Residenz des Papstes wieder dauernd 
nach Rom. Den französischen König beschwichtigte Karl IV. 
dadurch, daß er dessen Kronprinzen das Reichsvikariat in 
der D auphiue 1378 übertrug; damit war der durch die Nationalität 
jenes Landes schon bedingte Anfall desselben an Frankreich ein- 
geleitet. Nachdem Karl IV. noch die Kurfürsten bewogen hatte 
seinen Sohn Wenzel zum römischen König zu wählen, starb er zu 
Prag und wurde daselbst beigesetzt. 
Wenzel 1378—1400. 
Wenzel war zu Anfang seiner Regierung beim niederen 
Volk und bei der Bürgerschaft der Städte ziemlich beliebt, 
da er in seinen ersten Jahren streng auf Wahrung des Land- 
friedens in Böhmen sah. Auch im übrigen Deutschland versuchte 
er Ordnung zu stiften. Allein hier war die königliche Gewalt durch 
das Anwachsender fürstlichen schon so lahm gelegt und das Reich 
so sehr in eine Unzahl von Territorien zersplittert, daß Wenzels 
Bemühungen auch hier einen Landfrieden zustande zu bringen bald 
scheiterten. 
Es waren nämlich noch in den letzten Zeiten Karls IV. zunächst 
in Schwaben Kämpfe ausgebrochen, die am deutlichsten die allgemeine 
Zerrüttung der Reichsverhältnisse zeigten. Seitdem die 
Krone zu schwach geworden war um die ihr unterstellten Gewalten 
im Reiche noch niederhalten zu können, gerieten diese in dem Be- 
streben sich und ihr Gebiet immer weiter auszudehnen unter sich 
selbst fortgesetzt in Streitigkeiten, woraus schließlich ein Krieg Fehdewesen 
aller gegen alle hervorging. Denn der hohe Adel oder das unter KarlIV. 
Fürstentum suchte einerseits den niederen Adel oder die Ritter- unb Wenzel, 
schast. andrerseits das Bürgertum oder die Städte unter seine 
Gewalt zu beugen. Ebenso kämpften wieder die Ritter sowohl 
gegen den hohen Adel als auch gegen die von ihnen verachtete 
Bürger- und Bauernschaft, wo sich eine solche noch reichsfrei er- 
halten hatte. 
Stöckel, Mittelalter, 7. Auflage. 8
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.