Full text: Geschichte der Neuzeit (H. 3)

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Die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt. 
verschaffte. Von den Beamten, denen er selbst mit dem besten Beispiele 
voranging, verlangte er angestrengte Tätigkeit; Nachlässigkeit und Untreue 
wurden mit Entlassung, Festungshaft, ja mit dem Tode bestraft. So 
bildete sich unter seiner Regierung in der preußischen Beamtenschaft der 
Geist der strengen Pflichttreue, der Anspruchslosigkeit und Sparsamkeit aus. 
Viele Maßregeln des Königs zeigen, wie sehr ihm die Hebung des 
Wohlstandes am Herzen lag. Besonders nahm er sich des Bauern- 
st an des an. Mißhandlung der Bauern durch die Gutsherren verbot er 
bei strenger Strase (6 Wochen Karreschieben); er milderte die Frondienste. 
Aus den Staatsgütern führte er Verbesserungen im Ackerbau und in der 
Viehzucht ein, die Gutsverwalter hatten die Bauern der Ilmgegend darüber 
zu belehren. Um die einheimische Gewerbtätigkeit (Industrie) zu 
heben, verbot er die Einfuhr von Tuch, Metall- und Glaswaren, erleichterte 
dagegen den Ankauf von Rohstoffen, die dann in den Fabriken des Landes 
verarbeitet wurden. Er förderte u. a. die Gründung von Tuchfabriken und 
zog fremde Wollweber ins Land. Den Absatz der fertigen Tuche suchte 
er durch ein Gesetz zu heben, das den Untertanen verbot, Kleidungsstücke 
aus fremdem Tuch zu tragen. Durch solche Maßregeln wollte er einer- 
seits die Erwerbsgelegenheiten für seine Untertanen vermehren und zugleich 
bewirken, daß das Geld im Lande bleibe. Die Steuerfreiheit des Adels 
hob er auf. Vergebens widersetzten sich die Edelleute (am hartnäckigsten 
die ostpreußischen) den Maßregeln des Königs. Er gab ihnen auf ihre 
Beschwerden zur Antwort: „Ich komme zu meinem Zweck und stabiliere die 
Souveränität (Selbstherrschaft) und setze die Krone fest wie einen rocher von 
bronze." Und er drang mit seinem Willen durch: der Adel mußte sich fügen. 
Als 20000 protestantische Salzburger vom Erzbischos um ihres 
Glaubens willen aus ihrer Heimat vertrieben wurden, lud Friedrich Wil- 
Helm I. sie ein, in sein Land zu kommen, und siedelte sie in Ostpreußen 
an, das durch die Heereszüge im Nordischen Kriege und durch eine Pest 
stark gelitten hatte. 
Künste und Wissenschaften schätzte der König nur, sofern sie greif¬ 
baren Nutzen gewährten; feinere gesellige und geistige Genüsse verachtete 
er; Musik und Theater hielt er für wertlosen Tand. Für ihn war sein 
abendliches „Tabakskollegium" die liebste Erholung. Hier erschien er 
mit Zopf, in blauer Uniform, trank mit vertrauten Freunden (meistens # 
Offizieren) deutsches Bier, rauchte mit ihnen aus der Tonpfeife und ergötzte 
sich an ihren derben Späßen. Da er alles französische Wesen haßte, so .wurde 
im Gegensatz zu andern deutschen Fürstenhöfen am Berliner Hofe Deutsch ge- 
sprechen. — Er sorgte eifrig für den Bau von Kirchen und Volksschulen. 
An Orten, wo Schulen waren, sollten nach dem Befehl des Königs die Eltern 
ihre Kinder im Winter täglich, im Sommer wenigstens einmal wöchentlich in die 
Schule schicken. — In einem Gesetz führte er die allgemeine Schu lpflicht vom 5. bis 
zum 13. Lebensjahre ein. Ost sprach er auf seinen Inspektionsreisen in den Schulen 
vor, um die Kinder selbst zu prüfen.
	        
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