Friedrich der Große nach dem Siebenjährigen Kriege. Joseph IL 51
Herren und Eltern sich widerspenstig zeigten, weil sie den Wert einer besseren
Schulbildung noch nicht erkannten. Dazu kam, daß die Zahl der wirklich
geeigneten Lehrer gering war. Oft mußte man sich mit ausgedienten Unter-
Offizieren begnügen, oder mit Handwerksleuten, die lesen, schreiben und
rechnen konnten und das Lehramt neben ihrem Handwerkerberuf verwalteten.
Zu Friedrichs Zeit wurden übrigens die ersten Lehrerseminare (Pflanz-
schulen) gegründet. Von nun an wurde die Ausbildung der Lehrer all-
mählich besser.
Nach einigen Jahren sah Friedrich sich genötigt, um der erschöpften
Staatskasse aufzuhelfen, die Einrichtung der Verbrauchssteuern bedeutend
zu erweitern. Der Staat allein erhielt das Recht, Kaffee und Tabak
zu verkaufen (Monopol), wodurch bedeutende Einnahmen erzielt wurden.
Die neuen Abgaben wurden von der Bevölkerung mit Unwillen ertragen,
weil der König zu Beamten der Steuerverwaltung Franzosen berief, die
im Aufspüren zollbarer Waren („Kaffeeriecher") viel Erfahrung besaßen,
die sich aber durch Härte und Willkür verhaßt machten.
2. Die erste Teilung Polens. Im Wahlreiche Polen, in dem der
König machtlos und ein zügelloser Adel im Besitz aller Rechte war, hatte
alle staatliche Ordnung aufgehört (Anarchie). Besonders die Protestanten
Westpreußens hatten schwer darunter zu leiden. Sie waren politisch rechtlos
und wurden oft blutig verfolgt. Nach dem Tode Augusts III. (Augusts
des Starken Sohn) wurden die Polen durch ein russisches Heer gezwungen,
Stanislaus Poniatowski, einen Günstling der Kaiserin Katharina,
zum König zu wählen. Gegen ihn bildete sich eine Adelsverschwörung, die
einen grauenvollen Bürgerkrieg erregte. Die Russen betrachteten von jetzt an
ganz Polen als Beute, die ihnen früher oder später zufallen mußte. Wenn aber
das jetzige Posen und Westpreußen russisch wurden, so war damit nicht nur das
Deutschtum in diesen Ländern gefährdet, sondern der Bestand des preußischen
Staates in Frage gestellt. Damit Rußland die Beute nicht allein ver-
schlinge, erhoben auch Preußen und Österreich ihre Ansprüche. 1772 kam 1772.
zwischen den drei Mächten ein Teilungsvertrag zustande; jeder der drei
Staaten nahm die an sein Gebiet grenzenden polnischen Landesteile in
Besitz. Rußland erhielt den Löwenanteil (im Norden und Osten), an Öfter-
reich fiel Galizien. Preußen bekam Westpreußen, jedoch ohne Danzig
und Thorn, und den Netzedistrikt. Das Deutschtum in diesen Ge-
genden wurde dadurch vor dem Untergange gerettet. — Die Zustände im
Lande waren trostlos. Städte und Dörfer lagen in Trümmern, Gewerbe
und Handel waren fast verschwunden; die von Wölfen geplagte, von ver-
wilderten Gutsherren gepeinigte Landbevölkerung erlag der Pest und dem
Branntwein. Mit liebevoller Sorgfalt nahm sich der große König des
Landes an, und den Beamten, Schullehrern, Handwerkern und Landwirten,
die er hinschickte, gelang es in einigen Jahrzehnten, die gröbsten Spuren
der Verwahrlosung zu tilgen. Dem wieder auslebenden Handel diente der
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