Full text: Lehrbuch der Deutschen Geschichte für die oberen Klassen höherer Mädchenschulen

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§ 26«. Die erste Teilung Polens und der Erwerb 
Westpreutzerrs. 
Das Königreich Polen, welches lange Zeit die Schutzwehr 
Deutschlands gegen räuberische Überfälle von Osten her gewesen 
war, hatte mehr und mehr an Ansehen verloren. Des Landes 
eigentümliche Verfassung beschleunigte seinen Fall. Zwar stand 
ein König an der Spitze, doch lag fast alle Macht in den 
Händen der überaus zahlreichen Adligen. Über ihre Bauern 
herrschten diese mit unbeschränkter Freiheit, zu höheren Ämtern 
hatten nur sie Zutritt, sie wählten den neuen König. Auf den 
Reichstagen, wo das Beste des Landes hätte beraten werden 
sollen, konnte ein einziger Adliger durch seinen Einspruch die 
Beschlüsse verhindern. 
Durch den Tod Augusts III. 1763 war der polnische Thron 
erledigt. Jetzt verlangte die russische Kaiserin Katharina, daß 
ihr Günstling, der polnische Graf Stanislaus Poniatowski, zum 
König gewählt werde. Die Wahl kam zu stände, jedoch die 
polnische Bevölkerung war damit nicht zufrieden,, zumal die 
Kaiserin sofort für die Bekenner der griechischen und protestan¬ 
tischen Religion dieselben Rechte forderte, welche die Katholiken 
hatten. Die Unzufriedenen verbanden sich, ein heftiger Bürger¬ 
krieg kam zum Ausbruch. Die Kaiserin ließ ihre, Truppen ein¬ 
rücken, welche Krakau besetzten. Nun versuchten Österreich und 
Preußen zu vermitteln, aber vergeblich. Da trat Friedrich II. 
mit der Zarin in Unterhandlungen über eine Teilung des Landes. 
Es kam der Vertrag von 1772 zu stände, wonach Preußen die 1772. 
Teile erhielt, welche der Deutsche Orden im Frieden von Thorn 
1466 an die Polen verloren hatte: Westpreußen (mit Aus¬ 
schluß von Danzig und Thorn) und das Netzegebiet. Auf 
diese Weise war Friedrich II. Herr von ganz Preußen geworden 
und nannte sich jetzt König von Preußen. Er verwandte aus 
die verwahrlosten Gebiete sogleich eine eifrige und erfolgreiche 
Arbeit. Deutsche Ansiedler wurden ins Land gerufen, das Netze¬ 
bruch ausgetrocknet, der Netzekanal gebaut und eine geordnete 
Verwaltung hergestellt. 
§ 261. Friedrich rettet Bayern vor Österreichs Macht¬ 
gelüsten und gründet den deutschen Fürsteubuud. 
Im Jahre 1777 starb der Kurfürst von Bayern, Maximilian 
Josef, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Der Kursürst Karl 
Theodor von der Pfalz wurde fein Nachfolger. Österreich be¬ 
anspruchte nun einen Teil von Bayern, um sich für das verlorene 
Schlesien zu entschädigen, und der neue Kurfürst war bereit,
	        
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