156
erhaltung der Ordnung und der Ruhe eine Bürgerwehr errichteten. Diese aber
konnte den Ausschreitungen des zügellosen, verhetzten und verführten Pöbels
nicht Einhalt gebieten. So kam es, daß das Zeughaus erstürmt und die Fahnen,
die das preußische Heer in ruhmreichen Kämpfen erobert hatte, entwendet und be-
schimpft wurden. Da erkannte der König, daß weitere Nachgiebigkeit die Auflösung
der staatlichen Ordnung zur Folge hätte.-Er ermannte sich zu einem festen Entschluß,
indem er unter dem Grafen Brandenburg ein tatkräftiges Ministerium einsetzte und
unter demFeldmarschall Wrangel eine genügende Truppenmacht nach Berlin zu-
rückrief. Damit kehrten Ruhe und Ordnung in die Hauptstadt ein. —Zugleich wurde
Abb. 46. Das königliche Schloß in Berlin.
(Nach einer Photographie aus dem Verlag der Neuen Photographischen Gesellschaft in Berlin.)
auch die Volksvertretung aufgelöst, die während der Zeit der Unruhen aus Volks-
wählen hervorgegangen war, weil sie nicht imstande war, für den Staat eine neue Ver-
fafsung auszuarbeiten. Nun ließ der König selbst eine solche entwerfen und verlieh sie
aus eigenerMachtvollkommenheit seinemVolke. Am31. Januar 1850 wurde das neue
Staatsgrundgesetz erlassen und am 6. Februar vom Könige beschworen. Damit war
Preußen endgültig in die Reihe derkonstitutionellenStaaten eingetreten.
3. Teutschland erhält keine Reichseinheit.
Das deutsche Nationalbewußtsein war durch den siegreichen Befreinngs-
kämpf mächtig angefacht worden. Die Besten der Nation hatten gehofft, daß ein