Die alte deutsche Geschichte.
Bis zum Untergange des weströmischen Reiches 476 n. Chr.
Die Deutschen vor der Völkerwanderung.
§ i.
Land und Volksstämme.
1. Die ältesten Nachrichten über unser Land und Volk verdanken
wir den Römern, bei welchen unsere Vorfahren „Germanen" hießen.
Die Römer nannten Germanien das Land vom Rheine bis über die
Weichsel hinaus und von der Donau bis zur Nord- und Ostsee.
Doch war auch das von den Römern zu G a l l i e n gerechnete linke Rheinufer von
germanischen Völkerschaften besetzt; — auf der rechten Donauseite wohnten keltische
Völker.
Das Land war rauh, unwegsam, sumpfig und waldbedeckt (der her-
cynische Wald), ohne bedeutenden Anbau (Getreide, Flachs, kein edles Obst),
doch reich an Vieh. Die Wälder, voll riesiger Bäume, nährten viele wilden
Tiere (Ur, Elen, Bär:c. tc.). Städte gab es nicht, nur Dörfer und einzel-
liegende Höfe.
2. Die G ermanen, in unvordenklicher Zeit aus Hochasien einge-
wandert, der arischen oder indo-europäischen Völkerfamilie— wie
die Inder und Perser, die Griechen und Römer, die Kelten und die Slaven
— angehörig, „ein unvermischtes, reines, nur sich selbst ähnliches Volk,"
unterschieden sich durch hohe, kraftvolle Gestalt, blaue, trotzig blickende Augen
und rötliches Haar von den übrigen europäischen Völkern. Der Name Ger-
matten, der wahrscheinlich „Nachb a r n" bedeutet (ein keltisches Wort), wurde
ihnen zuerst in Gallien, dann von den Römern beigelegt. Der Name Deutsche
ist erst gegen das 10. Jahrhundert hin aufgekommen: er ward zuerst von der
Sprache gebraucht (diutisk d. i. zum Volke gehörig, volksmäßig, von diot
d.i. „Volk"). „In alten Liedern feierten sie den erdgeborenen GottTuisto
Andrä- Sevin, Leitfaden der deutschen Geschichte. 1