Full text: Leitfaden der deutschen Geschichte

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breitung der Reformation verbot. Dagegen protestierten die Evangelischen, 
weshalb sie den Namen Protestanten erhielten. Nun erschien der Kaiser 
selbst wieder in Deutschland und hielt den Reichstag zu Augsburg 
1530. Hier überreichten die Protestanten dem Kaiser ihr von Melanchthon 
(in 28 Artikeln) verfaßtes Glaubensbekenntnis, die Augsburgische Kon- 
session; und als der Kaiser im Reichstagsabschiede binnen kurzer Frist Rück- 
kehr zur katholischen Kirche forderte, schlössen die meisten protestantischen 
Fürsten und Städte zur Verteidigung ihres Glaubens das Bündnis zu 
Schmalkalden (in Hessen). Der Kaiser aber sah sich durch einen drohen- 
den Krieg gegen die Türken genötigt, ihnen (im Religionsfrieden zu Nürn- 
berg 1532) freie Religionsübung bis zu einem allgemeinen freien Konzil zu 
bewilligen. Nun breitete sich die evangelische Lehre rasch weiter aus: Würt- 
temberg, Elsaß, Baden, Pommern, viele norddeutschen Städte, später (nach 
des Herzogs Georg Tode) auch das Herzogtum Sachsen und (unter 
Joachim II.) die Mark Brandenburg nahmen sie (1539) an. 
Die Ruhe wurde jedoch gestört durch die Ausschweifungen der Wiedertäufer zu 
Münster (1535), deren Haupt, der Schneider Johann (Bockelson) von Leiden, als „König 
vonZion" mit seinem Helfershelfer Knipperdolling die wildesten Greuel verübte, welche 
erst durch die Eroberung der Stadt unterdrückt wurden. 
Die lutherische Kirche umfaßte die norddeutschen Länder und Württemberg, 
ferner Preußen, Livland, Dänemark, Schweden und Norwegen. 
3. In der Schweiz war Ulrich Zwingli (geb. 1484), Pfarrer in Zürich 
(vorher in Einsiedeln), bereits 1518 als Reformator aufgetreten. Er pre¬ 
digte, wie Luther, gegen den Ablaßhandel und ging in seinem Widerspruche 
gegen die bisherige Kirchenlehre noch weiter als Luther, von welchem er 
namentlich in der Erklärung des Abendmahls abwich. Eine besonders 
durch den Landgrasen von Hessen betriebene Vereinigung beider Reform«- 
toren (Religionsgespräch zu Marburg 1529) kam nicht zustande. Und so 
schieden sich die Anhänger der Reformation in Lutheraner und Refor- 
mierte. Mehrere Schweizer Kantone (Zürich, Basel, Bern ic. zc.) nahmen 
die reformierte Lehre an. Zwischen ihnen und den katholisch gebliebenen 
Kantonen (den fünf Orten Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug und Luzern) 
enstand offener Krieg, und Zwingli fiel in der Schlacht bei Kappel 
1531; doch blieb sein Werk bestehen, und die reformierte Lehre breitete sich 
bald noch weiter aus, namentlich durch die Wirksamkeit Johann Calvins 
(geb. 1509 zu Noyon in der Picardie, gestorben 1564) zu Gens. 
Die reformierte Kirche verbreitete sich über große Teile der Schweiz, West- 
deutschlands und Frankreichs, die nördlichen Niederlande, England und Schottland. 
4. Die Reformation konnte sich zu dieser Zeit um so ungestörter ausbreiten, weil 
der Kaiser fortwährend durch äußere Kriege— sowohl gegen die Türken als auch wieder 
gegen Franz I. — beschäftigt war. Die Türken bedrohten nicht nur von Ungarn aus das
	        
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