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V. Aus der Sage und Geschichte des deutschen Volkes.
Zur Förderung des Handels legte er den Plaueschen, den Finow⸗ und
den Bromberger Kanal an und gründete Swinemünde. Troßdem lagen
bei seinem Tode 200 Millionen Mark im Staatsschatze.
3. Vor allen Dingen wollte er seinem Volke „eine schleunige und
gehörige Justiz ohne Ansehen der Person, ohne große Kosten und Aus—
gaben“ schaffen. Er machte darum auch den Anfang mit der Ausarbeitung
eines neuen Gesetzbuches, das jedoch erst nach seinem Tode vollendet
wurde. Von seiner Gerechtigkeitsliebe ist die Mühle von Sanssouci ein
weltbekanntes Beispiel. Auch der geringste seiner Untertanen sollte nicht
in seinem Rechte gekränkt werden. Gleiche Unparteilichkeit zeigte Fried⸗
rich den Katholiken und Protestanten gegenüber. In seinem Staate
herrschte religiöse Duldung und Glaubensfreiheit. Er war weit davon
entfernt, die Gewissen durch Zwang zu belästigen. Doch wollte er im
Volke den Glauben geachtet und wahre Gottesfurcht gepflegt wissen.
W. Stahlberg.
227. König Friedrich und sein Nachbar.
Der König Friedrich der Große hatte acht Stunden von Berlin entfernt
ein schönes Lustschloß, in dem er gern weille Wenn um nicht ganz nahe
dabei eine unruhige Windmühle gewesen wäre! Denn erstlich stehen ein
königliches Schloß und eine Mühle nicht gut nebeneinander, obgleich das
Weißbrot auch in dem Schlosse nicht übel schmeckt, wenn die Mühle fein
gemahlen und der Ofen wohl gebacken hat. Außerdem aber ließ der
Müller, wenn der König in seinen besten Gedanken war und nicht an den
Nachbar dachte, auf einmal seine Mühle klappern und dachte auch nicht
an den Herrn Nachbar; die Gedanken des Königs störten zwar das
Räderwerk der Mühle nicht, aber manchmal das Klapperwerk der Räder
die Gedanken des Königs. Darum ließ er eines Tages den Müller zu
sich kommen. „Ihr begreift,“ sagte er zu ihm, „daß wir zwei nicht
nebeneinander bestehen können. Einer muß weichen. Was gebt Ihr mir
für mein Schlößlein?“ Der Müller sagte: „Wie hoch haltet Ihr es,
königlicher Herr Nachbar?“ Der König erwiderte ihm: „Wunderlicher
Mensch, so viel Geld habt Ihr nicht, daß Ihr mein Schloß kaufen könnt.
Wie hoch haltet Ihr Eure Mühle?“ Der Müller erwidene: „Gnädigster
Herr, so habt Ihr auch nicht so viel Geld, daß Ihr mir meine Muͤhle
abkaufen könnt. Sie ist mir nicht feil· Der König tat zwar ein
Gebot, auch das zweite und dritte; aber der Nachbar blieb bei seiner
Rede: „Sie ist mir nicht feil. Wie ich darin geboren bin, so will ich
darin sterben, und wie sie mir von meinem Vater erhalten worden ist,
sollen sie meine Nachkommen von mir erhalten und mit ihr den Segen