66 VI. Das alle Rom.
widersetzte sich dem Vorschlage und bestand darauf, nicht seigherzig
den ruhmreichen Boden des Vaterlandes auszugeben. Und als sich
die Stadt nach Jahresfrist wieder ans der Asche erhoben hatte,
war das Volk dem Camillns dankbar, es an die alte Heimat ge-
fesselt zu haben, und es pries ihn als „zweiten Gründer Roms".
Dem Retter des Kapitals dagegen, Manlius, wurde von seiner
Vaterstadt mit Undank gelohnt. Weil er sich der bedrückten Plebejer
annahm, beschuldigten ihn seine Standesgenossen des Strebens nach
der königlichen Gewalt und verurteilten ihn zum Tode, worauf er
vom tarpejischen Felsen herabgestürzt und sein Haus geschleift wurde.
5. 'Die Samniterkriege.
Die nächste Zeit nach dem Wiederaufbau der Stadt verfloß
unter fortwährendem inneren Hader. Die Übermacht der Patrizier
und das Elend des Volkes wuchs mit jedem Tage. Da stellten die
beiden Tribunen drei Anträge, welche bestimmt waren, den Leiden
der Plebejer ein Ende zu machen: die schon gezahlten Zinsen für
ein geliehenes Kapital sollten von diesem in Abzug gebracht und der
Rest der Schuld in drei Zahlungsfristen getilgt werden können; niemand
sollte mehr als 500 Morgen Staatsland besitzen, alles übrige aber
unter arme Plebejer verteilt werden; einer der beiden Konsuln sollte
immer ein Plebejer sein. Zehn Jahre lang bekämpften die Patrizier
diese Anträge aus allen Kräften, endlich mußten sie sich in das
Unvermeidliche fügen. Einige Staatsämter waren allerdings noch
im Alleinbesitz der Patrizier, doch nach und nach wurden auch diese
den Plebejern zugänglich gemacht und damit beide Stände einander
* gleichgestellt.
Die segensreichen Folgen der bürgerlichen Eintracht zeigten sich
sehr bald in den glücklichen Kämpfen mit den Völkern Mittel-
Italiens, insbesondere mit den tapfern und freiheitliebenden Sam-
343 nitern. Im Jahre 343 fielen diese in die fruchtbare eampanische
Küstenebene ein und bedrohten Capna. Die verweichlichten Be-
wohner wandten sich um Hilfe an die Römer, die auch zwei Heere
342 ins Feld schickten. Mehrere blutige Schlachten wurden geschlagen,
und da die Römer stets siegreich waren, so boten die Samniter
Frieden an, den ihnen jene um so bereitwilliger gewährten, als sie
ihre Waffen gegen einen näheren Feind zu kehren hatten.
Die bisher mit Rom verbündeten Latin er wollten dessen
Oberherrschaft nicht mehr anerkennen und forderten volles Bürger-
recht und Teilnahme an der Staatsregierung. Beides wurde ihnen
340 verweigert, und der Krieg brach aus. Am Vesuv trafen sich die
Heere. Beide Teile waren einander an Bewaffnung und Kampf-