12 § 71. Kaiser Leopold I. und die Zeit der großen Türkenkriege.
Von selten Österreichs den verdienten Dank zu ernten. So kam es 1670
zwischen Bayern und Frankreich zu einem förmlichen Allianzvertrag. Des
Kurfürsten Beziehungen zum französischen Hofe wurden auch gestützt
durch die persönlichen Neigungen seiner Gemahlin Adelheid von Savoyen
und durch die frühzeitig in Aussicht genommene Verehelichung seiner
Tochter Maria Anna mit Ludwig, dem einzigen Sohne Ludwigs XIV.
Adelheid hatte einen reichen Hofstaat von französischen und italienischen
Familien mit nach München gebracht und liebte, im Gegensatz zur Schlichtheit
ihres Gatten, ein vornehmes Hofleben. Für sie wurde (seit 1663) das Schloß
Nymphenburg zu bauen begonnen. Ein jäher Schrecken, der große Brand der
Münchner Residenz von 1674, erschütterte ihre Gesundheit. Sie starb 1676 und
wurde — wie drei Jahre später auch ihr Gemahl — in der Gruft der Theatiner-
kirche beigesetzt, eines in reichem Barockstil aufgeführten Gotteshauses, das (wie
auch das anstoßende Kloster der Theatiner) seine Entstehung einem Gelöbnis des
Kurfürstenpaares verdankt. Thronerbe wurde der ältere Sohn, Maximilian II.
Emanuel, damals erst 17 Jahre alt; sein Bruder Joseph Klemens bestieg 1688
den Kurstuhl von Köln.
3. MaX Kmanuet von Maliern (1679—1726), ein hochstrebender
Fürst, wußte sich der Freundschaft Frankreichs zu entwinden, obwohl
seine Schwester Maria Anna seit 1680 mit dem dortigen Dauphin — so
hieß der jeweilige französische Kronprinz — vermählt war. Aus Grund
persönlicher Vereinbarungen mit Kaiser Leopold (Zusammenkunst in Alt-
öttmg 1682) zog der Kurfürst als schlachtenmutiger Feldherr mit 15000
Bayern zur Bekämpfung der Türken aus. Noch während des Krieges
erfolgte 1685 seine Vermählung mit des Kaisers Tochter Maria Antonia,
die eine Nichte des (kinderlosen) spanischen Königs Karl II. war. Durch
diesen 1691 zum Statthalter der spanischen Niederlande ernannt, residierte
Max Emanuel in den folgenden Jahren zumeist in Brüssel.
4. pie Aürkenkriege 1683 —1699. Zu derselben Zeit, als das
Deutsche Reich durch die Rennionen Ludwigs XIV. und durch den Raub
Straßburgs entehrt wurde, trugen auch die Türken, von den ausstän-
bischen Ungarn gerufen, den Halbmond bis an die Mauern von Wien.
Seit dem Kriege des Jahres 1526 waren die Türken die Herren von Nieder-
Ungarn einschließlich der Hauptstadt Osen geblieben. Wiederholt hatten sie von
dort aus Angriffe auf das österreichische Oberungarn gemacht (Kampf gegen Zriny
vor Szigeth 1566). Auch unter Kaiser Leopold waren sie schon einmal über
die Raab vorgedrungen, aber zurückgeschlagen worden (Sieg des kaiserlichen
Feldherrn Montecucüli bei St.-Gotthard an der Raab 1664). Die strengen
Regierungsmaßregeln, die der Kaiser ergriff, um sich wenigstens Oberungarn zu
sichern, führten unter den Magnaten große Unzufriedenheit herbei, welche zugleich
von Frankreich aus genährt wurde. Schließlich rief der Führer der Ungarn,
«Graf Tököly, den Sultan zu Hilfe.