Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

38 § 77. Deutschland zur Zeit der Schlesischen Kriege. 
Seiu Erbrecht stützte Karl Albert nicht mehr allein auf die Ansprüche seiner 
Gattin Amalie, die eine Tochter Josephs I. war, sondern vorzüglich auf jenen 
Ehevertrag, welcher (1546) bei Gelegenheit der Vermählung Albrechts V. mit Annar 
einer Tochter König Ferdinands I., errichtet worden war und dem bayerischen 
Hause die Nachfolge in Österreich zusicherte für den Fall, daß das Habsburgische 
Geschlecht ohne männliche Erben sein sollte. Ohne „eheliche" Erben hieß es 
hingegen im geheimen Testamente Ferdinands. 
2. Karl Alöert als Kaiser Kart VII. (1742—1745). Erst im 
Spätsommer 1741 rückte ein französisch-bayerisches Heer nach Österreich 
vor. Karl Albert ließ sich in Linz als Erzherzog von Österreich huldigen, 
wendete sich aber dann, sranzösicher Weisnng folgend, gegen Prag unb 
empfing auch hier als König von Böhmen die Anerkennung der Stände. 
Von Prag aus begab sich Karl Albert nach Frankfurt, wo ihm seine 
Gönner die Wahl zum Deutschen Kaiser vermittelt hatten: am 12. Febr. 
1742 wurde der körperlich leidende Fürst von seinem Bruder Klemens 
August, dem Kurfürsten von Köln, zu Frankfurt als Karl VII. gekrönt. 
Am gleichen Tage zogen die Österreicher in München ein. 
3. Wayern in österreichischer Gewalt (1742—1744). Maria 
Theresia hatte, nachdem schon Oberösterreich, Böhmen und Schlesien iit 
die Hände der Gegner geraten waren, ihre Zuflucht zu den Ungarn 
genommen. Dort fand sie auf einem Reichstage zu Preßburg eine be¬ 
geisterte Aufnahme („Laßt uns sterben für unseren König Maria 
Theresia!"). Sofort wurden ihr zwei ungarische Heere zur Verfü- 
gung gestellt. Davon schickte sie das eine gegen Böhmen, das andere 
gegen Bayern (1742). Beide Länder wurden für Maria Theresia ge¬ 
wonnen. 
Von den Mordbrennern Bäknklau und Trenck geführt, fielen die Horden ber 
Ungarn und Kroaten verwüstend über bayerische Dörfer und Städte her. Der 
Landesfürst aber weilte hilflos zu Frankfurt, wo er eben als Kaifer des Reiches 
eingefetzt worden war. Seine Lage verschlimmerte sich aufs äußerste, als Fried- 
rich II. im Sommer 1742 den Frieden von Breslau schloß (vgl. S. 37, Abs. 2). 
Denn hierdurch gewann Österreich freie Hand, um die Franzosen aus Böhmen 
zu verdrängen und Bayern völlig niederzuwerfen. Die bayerischen Stände 
mußten Maria Theresia huldigen (Stept. 1743). Eine Wendung zum Besseren 
brachte erst im folgenden Jahre das erneute Eingreifen Friedrichs II. 
4. Eröffnung des zweiten Schulischen Krieges (1744—1745). 
Noch im Jahre 1743 waren England-Hannover und Sachsen-Polen auf 
Maria Theresias Seite übergetreten. Da erneuerte Friedrich II., der 
sich durch jenes Bündnis im Besitze Schlesiens bedroht sah, den Bund 
mit Frankreich und dem Kaiser: die preußische Armee rückte durch 
Sachsen nach Böhmen vor und nahm Prag ein, das abermals Karl VII. 
als König anerkennen mußte (Sept. 1744). Doch konnte Friedrich den
	        
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