42 § 78. Teutschland nach dem Siebenjährigen Kriege.
6. Wendung der politischen Lage 1762. Ein unerwarteter
Umschwung vollzog sich im Jahre 1762, als die russische Kaiserin Eli-
sabeth starb; denn ihr Nachfolger Peter III. (aus dem Hanse Holstein-
Gottorp), von Jugend auf ein Bewunderer Friedrichs II., schloß sogleich
Frieden und Bündnis mit Preußen. Zwar wurde der Kaiser schon
nach sechsmonatiger Regierung entthront und ermordet; aber auch seine
Gattin und Nachfolgerin Katharina II. entschied sich wenigstens für
eine neutrale Stellung. Das verhalf dem preußischen König zu einem
letzten Siege über die Österreicher im Treffen bei Burkersdorf in
Schlefieu (21. Juli). Nachdem auch noch Prinz Heinrich, ein Bruder
Friedrichs, bei Freiberg in Sachsen (29. Okt.) die Reichsarmee zurück-
geworfen hatte, machte die offenkundige Ermattung beide Parteien zum
Frieden geneigt.
7. Ariede zu Auvertusburg 1763. Der Kolonialkrieg zwischen
Frankreich und England hatte zu Wasser und zu Land sich zum Vorteil
Englands entschieden: im Frieden zu Paris (10. Februar 1763) trat
Frankreich Kanada, seine größte auswärtige Besitzung, und etliche andere
Kolonien an England ab. Wenige Tage darauf kam zu Hubertusburg,
einem Jagdschlosse bei Leipzig, auch der deutsche Friede zustande
(15. Febr. 1763): Schlesien wurde zum drittenmal an Preußen
überlassen, wogegen Friedrich das eroberte Sachsen an August III.
herausgab. So hatte sich Friedrich, von seinem Volke schon 1745 als
„der Große" begrüßt, nicht allein eine beträchtliche Gebietserweiterung
gesichert, sondern zugleich einen hohen moralischen Gewinn davon-
getragen: das Königreich Preußen war zum Ansehen einer europäischen
Macht aufgestiegen.
§ 78.
Teutschland nach dem Siebenjährigen Kriege 1763—1777.
1. Kaiser Zosepy II. (1765—1790). Gegenüber dem fremd¬
artigen Staatengemenge Österreichs hatte sich das festgefügte, wehrkräf-
tige Preußen eine überwiegende Geltung im Reiche verschafft. Die Person
des Kaisers war dabei ganz in den Hintergrund getreten. Nach zwanzig-
jähriger Regierungsdauer starb Franz I. 1765 in Innsbruck, ohne jemals
eine wirkliche kaiserliche Gewalt geübt zu haben. Wie schon im Hubertus-
burger Frieden vereinbart worden war, folgte ihm in der Kaiserwürde
unbeanstandet sein ältester Sohn Joseph II. Aber auch er hatte von
seinem hohen Amte wenig mehr als den vornehmen Namen; sein Einfluß