I. Mecklenburg in vorchristlicher Zeit.
Urzeit und älteste Geschichte des Landes.
Es gab eine Zeit, wo das Mecklenburger Land unter Eis und Schnee
begraben dalag. Mächtige Gletscher erstreckten sich von den skandinavischen
Gebirgen nach Süden; sie bohrten sich in den Boden ein und drückten ihn
an ihren Rändern empor; gewaltige Massen Gestein hatten sie von dem
Urgebirge losgerissen nud lagerten es nun auf fremdem Boden, die sog.
Geschiebe. Als ein milderes Klima die Eismassen zum Schmelzen brachte,
suchten die Gewässer in wilden Strudeln sich ihren Weg, überschwemmten
weithin das Land mit ihren Sanden und Kiesen, strudelten rundliche Ver-
tiefungen aus und bildeten die Thäler, in denen sie langsam sich beruhigten.
Es entzieht sich unserer Schätzung, wie lange es gedauert hat, bis die
Oberfläche des Landes ihre jetzige Form gefunden und für Pflanzen, Tiere
und Menschen bewohnbar geworden ist. Zunächst überzog eine Flora, wie
sie jetzt nur noch der Norden hat, den Boden, ihr folgten die arktischen
Tiere, besonders das Renntier, welches, schon in der Vorzeit wieder ver-
schwunden, in Kieslagern und tiefen Mooren noch zahlreiche Reste hinter-
lassen hat; es folgte eine neue Vegetation: unsere Waldbäume erschienen,
und mit ihnen eine seltsame Tierwelt, darunter der Elch, der Urstier und
der Wisent. Und nun betrat auch der Mensch unser Land. Von Westen
her die Ostseeküste entlang werden die ersten Einwanderer gekommen sein,
kein kraftvolles Eroberergeschlecht, sondern ein Stamm, der seine Nahrung
besonders an der See, in Fischen und Muscheln suchte und als Hülfsmittel
nur über einfache, roh zugehauene Feuersteingeräte verfügte. Von der Küste
aus hat sich dieses Volk im Binnenlande verbreitet und besonders die
Ufer der Seen besiedelt. Niemand kennt seinen Namen und seinen Ur-
sprnng; weit vor aller geschichtlichen Überlieferung liegt sein Dasein und das
seiner Nachkommen noch auf lange Zeiträume hin. Daher bezeichnet man
diese ganze Periode, deren Dauer sich auf mehrere Jahrtausende erstreckt,
als die Vorgeschichte des Landes, eine Zeit, in der die Hinterlassenschaft
seiner materiellen Kultur, Geräte, Reste von Wohn- und Grabstätten, die
der heimische Boden treu bewahrt hat, den Mangel einer jeden geschicht-
lichen Nachricht ersetzen müssen.
Der Kultursortschritt der Menschheit zeigt sich in erster Linie darin,
wie der Mensch die Natur und ihre Kräfte sich dienstbar macht, auf den
älteren Stufen besonders in der Art, wie er den Boden und seine Schätze
benutzt. Und so ist es denn das sichtbarste Zeichen einer fortschreitenden
Bilder aus der mecklenburgischen Geschichte. 1