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erstern ist Poseidon. Auf einem mit Rossen bespannten Wagen fährt er
über bte Wellen, und sein Dreizack erschüttert mit gewaltigem Stoße die Erde
Er hat zahlreiche Untergötter. Im finstern Reiche der Unterwelt,
wohin fem Lichtstrahl dringt, und aus dem es fein Entrinnen giebt, herrscht
Pluton über die Schatten der Abgeschiedenen. Der Fährmann Charon
geleitet sie über den Styx, und das Tor bewacht der vielföpfige Höllenhund
Cerberus, Aus diesem Reiche der Finsternis steigen auch die schlangen-
haarigen Rachegöttinnen, die Erinyen oder Eumenlden, heraus, wenn
es gilt, eine verborgene Freveltat ans Licht zu bringen.
Außerdem verehrte man noch die Heroen oder Halbgötter. Als
Menschen geboren, doch wohl auch mit den Göttern verwandt, wurden sie
wegen ihrer Verdienste unter die Himmlischen versetzt. Die bedeutendsten waren
H era f les und Theseus. Den Sagen von ihren gewaltigen Taten liegt die
Vorstellung zu gründe, daß es einer ungeheuren Arbeit beburft hat, bis bas
ursprünglich wilbe Lanb wohnlich würbe, unb bis feine von Haus aus rohen
Bewohner sich zur staatlichen Orbnung aufschwangen.
Mit dem Wachsen der Bildung veredelte sich bei den
Griechen auch die Vorstellung von den Göttern. Diese
machen sich bald nicht mehr mit den Menschen gemein und folgen
nicht mehr ihren Launen, sondern sie lenken die Geschicke der
Sterblichen nach edlen Grundsätzen; sie werden gerechte Götter.
Wohl kann man sie sich durch Opfer, Gelübde und Gebete geneigt
machen, aber unbillige Wünsche erfüllen sie nicht. — Die Griechen
glaubten auch die Lieblingsplätze der Götter zu kennen. Dort er*
bauten sie ihnen Tempel, die ihre Wohnungen sein sollten und
darum möglichst prächtig ausgestattet wurden. Die griechischen
Tempel sind so die hervorragendsten Bauwerke des Altertums geworden.
b) Die Orakel. Eine große Rolle spielten im Leben der
Griechen die Weissagestätten, die Orakel, allen voran das des
Apollo zu Delphi. Aus einer Felsenspalte drangen Schwefel-
dämpfe hervor. Aus einen Dreifuß wurde über dieselben eine
jungfräuliche Priesterin, die Pythia, gesetzt. Von ihnen betäubt,
stieß sie allerhand Worte hervor, welche die Priester in Verse
brachten. Staaten und einzelne Personen, sogar auswärtige Fürsten
holten sich dort in schwieriger Lage Rat. Meistens war der
Bescheid zweideutig und mußte es sein, sollte nicht das Ansehen des
Gottes gefährdet werden. Die Priester standen mit den bedeutendsten
Staatsmännern in Verbindung. Sie haben viel Gutes gewirkt,
gelegentlich aber sind sie auch entgleist und für die Feinde des
Volkes eingetreten. Wer das Orakel in Anspruch nahm, stiftete
ein Weihgeschenk. Ungeheure Reichtümer sind so in den Schatz-
häuseru des Heiligtums aufgespeichert worden.
4. Festspiele. Die Griechen waren ein kriegerisches Volk und
hatten infolgedessen große Freude an körperlichen Übungen, auch weil
diese den Leib verschönen. In den Gymnasien lagen sie ihnen
täglich ob und brachten es darin zur höchsten Vollkommenheit.
Den Göttern zu Ehren wurden großartige Wettkämpfe veranstaltet,