— 32 —
Bibel wurde erst nach mehreren Jahren mit vieler Arbeit und
Mühe vollendet.
5. Die Ausbreitung der Lehre Luthers.
Nach der Rückkehr von der Wartburg lebte Luther unan-
.gefochten von feinen Feinden wieder als Professor und Prediger in
Wittenberg. Er verfaßte noch verschiedene Bücher, so den Großen
und Kleinen Katechismus, und schuf auch eine Anzahl vortrefflicher
Kirchenlieder. Seine Lehre breitete sich über fast ganz Deutschland
aus. Im Norden und Süden traten die Fürsten zu feiner Lehre
über; fie hoben die Klöster auf, schafften die Messe und die Ohren¬
beichte ab und führten den evangelischen Gottesdienst ein. Der
Kaiser und die Katholiken waren von der Ausbreitung ber neuen
Lehre wenig erbaut. Auf bem Reichstage zu Speyer (1529)
würbe deshalb jede weitere Einführung der Reformation untersagt.
Mit dem Beschlüsse waren die Evangelischen unzufrieden; sie
protestierten und wurden seitdem Protestanten genannt. Auf dem
Reichstage zu Augsburg legten die Evangelischen dem Kaiser
ihr Glaubensbekenntnis (die Augsburger Konfession) vor; es war
von'Melanchthon, Luthers Freunde, verfaßt worden.
6. Luthers Familienleben und Tod.
Im Jahre 1525 vermählte sich Luther mit der ehemaligen
Norme Katharina von Bora; sie entstammte einem alten Adels-
gefchlechte und war schon in frühester Jugend zum Eintritt in das
Kloster gezwungen worden. Die Ehe war glücklich; Katharina
war nicht nur eine treue Gattin und liebende Mutter, fondern
auch eine umsichtige und sparsame Hausfrau. Das war auch
notwendig, denn Luther war äußerst mildtätig und freigebig. Von
feiner Tür ging kein Notleidender unbefchenkt. Einst kam ein
armer Student zu ihm und bat um das Reifegeld; er hatte feine
Studien vollendet und wollte Wittenberg verlassen. Luther war
selber in Geldverlegenheit und konnte nichts geben. Plötzlich fiel
fein Blick auf einen vergoldeten Becher, den ihm einst fein Kursivst
geschenkt hatte. Schnell ergriff er das Kleinod und reichte es bem
Bittenben. Dieser war barüber bestürzt unb konnte sich nicht
entschließen, zuzugreifen. Da drückte der Reformator den Becher
zusammen und sprach: „Ich brauche keinen goldenen Becher. Da
nimm ihn, trag ihn zum Goldschmied, und was er dir gibt, das
behalte!" — Luther war auch ein liebevoller und zärtlicher Vater;
das hinderte ihn jedoch nicht, seine Kinder streng zu erziehen.
Sein zwölfjähriger Sohn hatte einmal ein Unrecht begangen; da
ließ ihn der Vater drei Tage nicht vor sich kommen und fagte:
„Ich wollt' lieber einen toten als ungezogenen Sohn haben!" —