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Nordseite fließt bev Kuban vom Elbrus zum schwarzen, der Terek zum
kaspischen Meer. Auf der Südseite kommt vom Elbrus der kleine Rion und
geht ins schwarze Meer, vom armenischen Hochlande die größere Kura, die
indes die meisten Nebenflüsse vom s. Kaukasus aufnimmt und nach ihrer
Vereinigung mit dem Aras ins kaspische Meer mündet.
Das n. Vorland des Kaukasus (Ciskaukasien) ist Tieflaud und
durchaus Steppe mit Frostwintern; das s, (Transkankasien) dagegen mit
Ausnahme der Steppe an der untern Kura üppige Wald- und Kultur-
laudschaft vou italienischer Milde. Am üppigsten ist die Pflanzenwelt
auf den Bergabhängen nach dem schwarzen Meer im Lande Phasis am
Rion. Hier rankt der Weinstock ungepflegt bis hoch in die Banmwipfel;
hier ist die Heimat der Fasanen. Nußbäume, Eichen- und Buchen-
Wälder bedeckeu die liefern, Nadelhölzer die höheren Bergregionen. Im
Kaukasus ist auch noch der Wisent*) heimisch; im höheren Gebirge
kommt die Gemse und der Tnr, der Steinbock des Kaukasus, vor. —
Beide Vorländer des Kaukasus siud reich au Petroleumquelleu,
2. Die Bevölkeruug des Kaukasusgebietes ist ein buntes
Gemisch zahlreicher Stämme (ca. 150) mit etwa 70 verschiedenen,
aber verwandten Sprachen. Diese Völker gehören entschieden znr
kaukasischen Rasse.
Nach Ritter, Müller und andern Gelehrten sind die kaukasischen Völker-
schaffen als Reste einer ehemals größeren Völkerfamilie zu betrachten, die
durch das Andrängen semitischer, arischer und altaischer Völker beeinträchtigt
wurde und deren Nachkommen sich in den schützenden Gebirgstälern des Kaukasus
bis heute erhalten haben. Die kriegerischen, freiheitsliebenden Kaukasusstämme
haben sich erst nach 70jährigem Freiheitskampfe der russischen Übermacht gebeugt.
Besonders erregten die Tscherkessen im w. und die Tschetschenzen im ö. Teil
des Gebirges durch ihre kühnen Freiheitskämpfe die Aufmerksamkeit ihrer Zeit-
genossen. Nach dem unglücklichen Ausgange derselben wanderten viele Tscher-
kessen nach Türkisch-Asien und der Türkei aus. Andere Stämme sind die
Georgier (Grusiner), welche von allen am höchsten kultiviert sind, die Lesghier,
Mingrelier und die wahrscheinlich arischen Osseten und Geten. Alle
Kaukasier sind schön, schlank und kräftig gebaut und weisen edle, feine Gesichts-
züge auf. Namentlich sind die Frauen durch große Schönheit und Anmut
berühmt. Die meisten Völkerschaften sind Mohammedaner; einzelne, wie die
Georgier, sind Christen. Ihre Hauptbeschäftigung ist Viehzucht, gegen welche
der Ackerbau zurücktritt.
3. Staatliche Verhältnisse und Ortskunde. Kaukasien
gehört zum russischen Asien. Die Benennungen Cis- und Trauskaukasieu
sind nicht örtlich, sondern nur den geographischen Kreisen eigen. Zu
dem jenseitigen Kaukasusgebiet gehört der Verwaltung nach anch das
russische Armenien. — Tiflis („Warmer Brunnen", so genannt nach
seinen Schwefelthermen) (161 Tsd. E.), Hst. Kaukasiens, im engen Tal
zu beiden Seiten der Kura, bedeutende Handelsstadt, Zeutralstatiou der
pontisch-kaspischen Eisenbahn, Mittelpunkt der Handelsstraße vou
Ciskaukasieu nach Täbris. Die Stadt mischt asiatische und europäische
Art, Christentum uud Mohammedanismus. Nur uoch iu Kairo findet
sich ein ähnliches Gemisch von Morgen- und Abendland. Sogar eine
Schwabenkolouie hat Tiflis aufzuweisen. Sie bildet den Mittelpnnkt
*) Der Wisent, fälschlich Auerochse genannt, kommt außerdem nur noch
in einem westrussischen Forstgebiet vor und ist neuerdings in die Forsten des
Fürsten Pleß in Südschlesien mit Erfolg verpflanzt.