Full text: Bilder aus der vaterländischen Geschichte der Neuzeit (Teil 1)

18 5. Friedrich der Große. 
des Hauses, ließ einige Ziegel vom Dache nehmen und beobachtete den 
Feind. Zunächst läßt er seine Soldaten noch ruhig ihr Mittagbrot 
verzehren. Die Franzosen sind darüber ganz entzückt; sie glauben, 
die Preußen hätten ihr Herankommen noch nicht bemerkt. Aber plötzlich, 
um 3 Uhr nachmittags, gibt der König den Befehl zum Aufbruch. In 
zwei Minuten sind die Zelte verschwunden, und jeder Soldat steht an 
seinem Platze. Dann heißt es: vorwärts. Die Preußen tun, als ob 
sie abrücken wollen. Sie ziehen aber nur hinter einen Hügel, daß die 
Franzosen sie nicht sehen können, und von hier aus greifen sie den 
Feind an. Die Infanterie geht nach der einen Seite um den Hügel 
herum, die Reiterei nach der andern. S e y d l i tz , Friedrichs kühner 
Reitergeneral, ist den Seinen weit voran; indem er seine Tabakspfeife 
hoch in die Luft wirft, gibt er das Zeichen zum Angriff, und wie das 
Hagelwetter branfen seine Reiter auf die Feinde. Als nun auch noch 
Friedrichs Infanterie auf sie hervorbricht, und von dem Hügel 
Friedrichs Kanonen ihre Stimme erschallen lassen, da flieht alles in 
wilder Hast davon. Die Reichsarmee ergriff schon beim ersten Schusse 
die Flucht und hieß seitdem die „Reißausarmee". Bald folgten ihr auch 
die Franzosen. Ganz Deutschland jubelte über diese lustige Franzosen- 
jagd und sang spottend: 
„Und wenn der große Friedrich kommt 
Und klopft nur auf die Hosen, 
So läuft die ganze Reichsarmee, 
Panduren und Franzosen." 
b) Schlacht bei Zeuthen (5. Dezember 1757). Der eine 
Feind war geschlagen, aber in Schlesien standen die Österreicher; sie 
hatten mehrere Städte besetzt und schickten sich an, hier ihre Winterquartiere 
zu beziehen. Ihr Heer war dreimal so stark als dasjenige Friedrichs, 
das sie spöttisch die „Berliner Wachtparade" nannten. Aber Friedrich 
hatte Vertrauen zu seinen Soldaten, sie würden auch einen stärkeren 
Feind besiegen. Rasch zog er vonThüringen nach Schlesiens Bei Lenthen 
traf er auf das österreichischerer.'Arn Abend vor derSchlacht rief er feine 
Offiziere zusammen und sprach ernste Worte mit ihnen. Er sagte: „Ich muß 
es wagen, oder alles ist verloren. Wir müssen den Feiich schlagen 
oder uns vor seinen Batterien begraben lassen. Sagen Sie das den 
Regimentern, und leben Sie wohl! In kurzem haben wir den Feind 
geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder!" So' sprach er seinen 
Offizieren Mut zu. Früh am Morgen ging es dann gegen den Feind. 
Unerwartet griff Friedrich ihn an. Bald ist der eine Flügel der 
Österreicher geschlagen; dann wird das Dorf Leuthen erstürmt, und 
schließlich vollendet ein Reiterangriff von 40 Schwadronen seinen Sieg. 
Mit Begeisterung hatten seine Soldaten gefochten. Ein Offizier traf 
auf dem Schlachtfelde einen preußischen Grenadier, der in seinem Blute 
schwamm; beide Füße waren ihm abgeschossen. Aber gelassen saß er 
da und rauchte seine Pfeife. „Es wundert mich," sagte der Offizier, 
„daß du bei deinen Schmerzen noch fo vergnügt die Pfeife rauchst." 
Kaltblütig sprach der Verwundete aber: „Ich sterbe für Fritz!" —-
	        
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