Object: Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

§ 41. Die Zustände im 15. Jahrhundert 143 
2. Das Rechtswesen. Die Art der Bestrafung wurde immer ent- Bestrafungen, 
setzlicher. Todesurteile, Verstümmelungen und Ehrenstrafen regneten ge- 
radezn auf die damalige Menschheit herab. — Die deutschen Rechtsgewohn¬ 
heiten wurden im 15. Jahrhundert durch das römische Recht zurückgedrängt, Aufnahme des 
das den gelernten Juristen als das Musterrecht, ja, geradezu als römischen Rechtes, 
schriebene Vernunft" erschien. Italienische Gelehrte versahen es mit Er- 
läuterungen und schoben Stücke aus den Gewohnheiten der Zeit ein. 
Es fand so auch in Deutschland Aufnahme, besonders seit dem Reichs- 
tagsabschied vom Jahre 1432, der die Bestimmung enthielt, daß am 
kaiserlichen Hofgericht nach „kunig und f eisern seinen vorfaren an dem 
römischen riche gesehen und geschriebenen Rechten" zu richten sei. Da 
diese aber auf ganz anderen Sitten, Anschauungen und Voraussetzungen 
ausgebaut waren, bedeutete ihre Aufnahme (Rezeption) der Hauptfache nach 
einen Fehler, ja, für den Bauernstand wurde sie zum Fluch. Die Straf- Strafgesetz, 
gesetzgebung fand im Jahre 1532 durch „Kaiser Karls V. und des 
h. römischen Reiches peinliche Halsgerichtsordnung" einen Abschluß. 
3. Kirchlich. Wie auf sozialem Gebiete so war auch aus dem der Unzufriedenheit 
Kirche viel Unzufriedenheit und Zündstoff vorhanden. Die Bauernschaften ber Laienwelt, 
wie die Städte murrten wider den Besitz „der toten Hand", der den dritten Äußerliche 
Teil alles Grund und Bodens umfaßt haben soll. Andere wieder warfen Gründe, 
der Kirche vor, daß sie die Religion veräußerliche. Fromme Männer, wie 
die Mystiker Meister Eckhard und Johannes Tauler, versenkten sich Die Mystiker, 
in die innere Anschauung der göttlichen Liebe. Auch bildeten sich im Gegen- 
satze zur Kirche neue religiöse Richtungen (die Gottesfreunde), oder bereits 
bestehende Sekten fanden neuen Anhang. Zahlreiche Bibelübersetzungen, 
sieben oberdeutsche und zwei niederdeutsche, die aber an der Vulgata als 
Grundlage festhielten, wurden hergestellt, Johann von Goch (t 1475) 
und Johann Wessel (f 1489), die „Vorreformatoren", brachten neue 
Lehren auf. 
4. Das Geistesleben. Das deutsche Schrifttum stand im Zeichen des Schrifttum. 
Bürgertums. Daher war ihm oft hausbackene Verständigkeit, aber auch 
Derbheit und Volkstümlichkeit eigen. Hans Sachs (1494—1576), ein 
Schuhmacher zu Nürnberg, verfaßte eine große Anzahl dichterischer Er- 
Zählungen und possenhafter Fastnachtsspiele. Satirische Werke waren der 
„Till Eulenspiegel", „Reineke Vos", der in niederdeutscher Mundart 
verfaßt war, und das „Narrenschiff" des Straßburgers Sebastian Brant. 
Das Bedeutendste dieser Art schuf Johann Fischart, auch ein Straßburger 
(Das glückhaste Schiff u. a.), der aber erst nach Luther blühte. 
Gefördert von Fürsten und Patriziern, verbreitete sich der Humanis- Der Humanis, 
mus auch in Deutschland, dessen Vertreter sich hier außer ihren künst- muS- 
lerischen und philologischen Zielen auch praktische stellten. Einige wandten 
ihre Thätigkeit pädagogisch-religiösen, die anderen patriotisch-nationalen 
Aufgaben zu. Sie traten für Hebung des Schulwesens und des Unter- 
richts ein, eiferten gegen die Veränßerlichung der Religion, die Geld- 
forderungen des römischen Stuhles und stellten die Bibel als den alleinigen 
Grund des Glaubens hin. Desiderins Erasmus von Rotterdam ge- Erasmus.
	        
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