Heinrich IV. und Gregor VIT.
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geistliche Gewalt über die weltliche stellte, ja diese in jener völlig
aufgehen lassen wollte, erkannte die griechisch-katholische die Aufsicht
des weltlichen Herrschers über das Leben und die Lehre der Geist-
lichleit an und enthielt sich des Anspruchs der Oberhoheit über den
während der letztere den Concilien die Feststellung der
Glaubenssätze, deren Auslegung jedem freisteht, überläßt; damals
galt der byzantinische Kaiser als Schirmherr der Kirche; aber als
noch andere griechisch-katholische Staaten sich bildeten, war in jedem
die Landeskirche selbständig. Die Trennung der griechischen Kirche
erfolgte, als 1054 ein Cardinallegat Leo's IX. in Constantinopel
sehr herrisch gegen den Patriarchen Michael auftrat, der sich als
allgemeinen Bischof bezeichnete; da nur die ersten sieben Concilien
allgemeine (ö cum mische) gewesen waren, beschränkte sich die griechische
Kirche auf die von diesen aufgestellten Glaubenssätze.
Heinrich IV. und Gregor VII. (Heinrich IV. in Vormund- § 2.
schast.) Heinrich IV., Heinrichs III. Sohn, im Alter von 6 Jahren
auf den Thron gelangt (1056—1106), wurde, 12 Jahre alt, seiner 1n^
Mutter Agnes von Poiton, die die Vormundschaft über ihn führte, 1062
bei einem Fest am Rhein in Kaiserswerth vom Erzbischos Anno von
Köln verräterisch auf einem Schiffe entführt; derselbe gedachte die
Reichsregierung an sich zu reißen, um das Königtum zum Vorteil
der sächsischen Fürsten und Grafen zu erniedrigen oder abzuschaffen;
aber die Bischöfe und Fürsten beschlossen, daß derjenige Bischof die
Regierung haben solle, in dessen Gebiet sich der junge König auf-
halte.. Dieser begab sich bald darauf zum Erzbifchof Adalbert von
Bremen, der die Kaisermacht erhöhen wollte, um an ihr einen Schutz
gegen die mit ihm in Streit lebenden sächsischen Großen zu haben,
und sich ein Patriarchat über die nordischen Reiche zu gründen be-
absichtigte; aber 1066 zu Tribur zwangen die Fürsten den König, 1066
Adalbert zu entlassen und standen von seiner eigenen Absetzung nur
ab, als er ihnen zu Füßen fiel.
(Heinrich IV. Kampf um die absolute Herrschaft.) Durch
diesen Vorfall belehrt, was er von den Fürsten zu gewärtigen habe,
schaarte er ein zahlreiches Gefolge von jungen Edelleuten und Ministe-
rialen, die meistens aus Schwaben stammten, um sich, und setzte sie
in die Burgen ein, die er hauptsächlich in Sachsen und Thüringen
baute, und ließ durch sie die Abgaben in Geld eintreiben; er konnte
hoffen, sich vermittelst dieses Vasallenheeres wie Heinrich I. eine