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Wallenstein.
Aber so mäßig die Verluste, so groß waren die Folgen der Schlacht. Als
die flüchtigen Truppen sich in Prag geborgen hatten, sahen sie sich in einer
beinahe offenen Stadt; die schlaffe Regierung hatte eben nichts getan um die
ganz unzureichenden Befestigungen zu verstärken. Natürlich wurde die Ent-
mutigung darüber noch größer. Zwischen den Soldaten, die ihre Soldrück-
stände forderten, und der Regierung, die ihnen ihre Plünderungen vorrechnete,
hatte sich längst ein nahezu feindliches Verhältnis gebildet; jetzt, als die
zerlumpten und hungernden Banden sich in die Stadt ergossen, fürchtete man
von ihnen statt der Verteidigung nur Plünderung; die Bürger machten sich
zur Abwehr bereit. Das war ein Ende der Dinge, welches zu einem Urteil
über das Gesamtergebnis des Waltens der revolutionären Regierung heraus-
forderte — und dieses Urteil fiel schlimm aus.
6. Wcillentfein.
Leopold von Ranke, Geschichte Wallensteins,
(Leipzig, Duncker und Humblot.)
In der Reihe der Feldherren nimmt Wallenstein eine ehrenvolle und selbst
eine bedeutende Stellung ein. Die Entwürfe seiner Unternehmungen zeugen
von Berücksichtigung nicht allein der politischen sondern von der noch selteneren
der großen geographischen Verhältnisse. Bemerkenswert in dieser Beziehung ist
sein Feldzug gegen die Dänen von Oberschlesien bis nach Jütland und sein
Friede mit ihnen, dann die Stellung, die er bei Nürnberg nahm, selbst jene
Bewegung nach Sachsen, die zur Schlacht bei Lützen führte. Die Schlachten,
die ihm einen Namen gemacht haben, so z. B. an der Dessauer Brücke und
bei Steinau, wurden immer zur rechten Zeit an der rechten Stelle ausgeführt;
eigentümlich bei Wallenstein ist die Verwendung der leichten Reiterei zugleich
mit dem Feldgeschütz, durch die er meistens den Platz behielt. Er ist immer
als der vornehmste Begründer österreichischer Artillerie betrachtet worden; er
darf wohl als ein solcher für das österreichische Heerwesen überhaupt ange-
sehen werden.
Die Armee Wallensteins war aus allen Völkern zusammengesetzt; in einem
einzigen Regiment wollte man zehn verschiedene Nationalitäten unterscheiden.
Die Obersten waren, wie vor alters in den kaiserlichen Heeren, Spanier,
Italiener, Wallonen, Deutsche; Wallenstein liebte auch böhmische Herren herbei-
zuziehen um sie an den kaiserlichen Dienst oder auch an seine eigenen Befehle
zu gewöhnen; der Kroate Jfolani führte die leichte Reiterei, eifersüchtig darauf,
daß kein Ungar ihm vorgezogen wurde; wir finden Dalmatiner und Rumänen.
Diese zog Wallenstein den Polen vor, deren Obersten sich unbotmäßig und