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Die Bedeutung des Westfälischen Friedens.
machten Fortschritte wieder abzustreiten, zwang er Norddeutschland sich zu
wehren. Allerdings äußerlich handelte es sich auch jetzt nicht darum den
evangelischen Glauben im Reich überhaupt wieder abzuschaffen, sondern nur
um Besitzfragen; aber ihre Lösung im kaiserlichen Sinne hätte den Be-
stand der Protestanten so stark gemindert, daß sie den völligen Untergang
fürchten mußten. So wurde der Krieg in der Tat zwar nicht ein eigentlicher
Religionskrieg, aber ein Krieg uni die Religion. Er war auch ein Kampf ums
Dasein, aber leider führte ihn nicht Gesamtdeutschland wider fremde Gewalt,
so daß es einen nützlichen Anstoß hätte erhalten können, sondern seine Volks-
teile stritten gegeneinander, und so wirkte er nur verderblich.
Das schlimmste war, daß die auswärtigen Mächte, Schweden und Frank-
reich, sich hineinmengten; wenn ersteres auch immer das Interesse hatte die
Protestanten im Reiche stark zu erhalten, so führte es doch nach dem Tode
Gustav Adolfs den Krieg vornehmlich als politischen. Für Frankreich war er
von Anfang an nichts anderes und jener das ganze Zeitalter durchdringende
Gegensatz zwischen Frankreich und dem Hause Habsburg wurde nun auf deutschem
Boden ausgefochten. So gestaltete sich der Kampf mehr und mehr zu einem
universalen und als solcher endete er auch durch einen universalen Frieden.
Demnach konnte es nicht anders sein, als daß dieser deutsche Krieg für Europa
und für die Welt von allgemeiner Bedeutung war. Mit ihm schloß zugleich
die große Periode der Reformation und der Gegenreformation sowie der
Religionskriege ab.
15. Die Bedeutung des Weitfälifchen Friedens für die interna¬
tionale Stellung Deuffchlcinds.
C. Spannagel in F. Philippi, Der Westfälische Friede.
(Münster, B. Theissing.)
An einem örtlich beschränkten, rein deutschen, genauer rein österreichischen
Streitfall hatte sich der Dreißigjährige Krieg entzündet. Nach und nach zog er
fast sämtliche europäischen Staaten in seinen Flammenkreis hinein. Je länger
er wütete, desto mehr traten die religiösen Interessen, die ja von Anfang an
nirgends die allein ausschlaggebenden gewesen waren, gegenüber den politischen
in den Hintergrund. Die Friedensversammlung in Münster und Osnabrück
wurde zunl ersten allgemeinen europäischen Diplomatenkongreß, der über die
großen internationalen Fragen Abrechnung halten sollte.
Deutschland war der besiegte Teil; ihm präsentierten die Sieger die Kriegs-
kostenrechnung. Zunächst büßte es seine Niederlage mit einem beträchtlichen
Verlust an Land und Leuten. Die umfangreichsten Abtretungen wurden zwar