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Die bildende Kunst im Ostgotenreiche.
12. Die bildende Kunft im OIfgotenreiche.
Fel. Dahn, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker.
(Berlin, Baumgärtels Historischer Verlag.)
Das Rühmlichste hat im Gebiet der bildenden Kunst die gotische Regierung
Italiens durch pietätvolle Erhaltung der antiken Bauwerke und Bildsäulen ge-
leistet. Doch fehlt es auch nicht ganz an eigener Produktion, und sind auch
die meisten der von Theoderich und seinen Nachfolgern ins Leben gerufenen
Bauwerke untergegangen, so haben sich doch einige höchst bedeutsame erhalten,
vor allem in der Hauptstadt Ravenna.
Basilika di S. Apollinare in Classe.
(Nach einer Photographie.)
Die erste Glanzzeit der Stadt, seit 404 Residenz des weströmischen
Reiches, fällt in die erste Hälfte des fünften Jahrhunderts, als Galla Pla-
cidia, die Tochter des großen Theodosius und Mutter Valentinians III., für
diesen von Ravenna aus das Reich regierte; mehrere Basiliken entstanden in
dieser Zeit; noch älter ist das neben dem Dom gelegene Bapt ist er i um *) der
*) Das Baptisterium war ursprünglich in den römischen Bädern der Raum, wo
man warm badete; in der christlichen Zeit verstand man darunter ein neben einer
Kirche befindliches, zur Vollziehung des Taufaktes bestimmtes Gebäude. Die Baptisterien
waren rund, sechs- oder achteckig, auch in Form eines Kreuzes gebaut und meist so
groß und geräumig, daß darin oft Konzilien abgehalten wurden. Sie hatten zwei
Hauptabteilungen: einen Vorhof, wo die Vorbereitung der Neubekehrten, und ein
Inneres oder Heiliges, wo die Taufe selbst erfolgte. Dieses enthielt ein großes Bassin,