Alexander der Große. 
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58. Alexander der Srohe. 
Niese, Geschichte der Griechischen und Makedonischen Staaten. 
(Gotha, F. A. Perthes.) 
In der kurzen Zeit semer Regierung hatte Alexander ein ungeheures 
Werk vollbracht und das Perserreich so unterworfen, wie es den Persern selbst 
nie gelungen war; eine reiche Zukunft lag noch vor ihm, als er starb und 
sein Werk verlassen mußte. Es ist begreiflich, daß man einem Manne wie ihm 
die weitesten Absichten und Entwürfe zugeschrieben hat. Er soll die Umschiffung 
Afrikas geplant, die Eroberung Karthagos, die Unterwerfung des westlichen 
Europa und des Skythenlandes sich vorgenommen haben. Das alles ist nicht 
sicher beglaubigt und war auch seiner Sinnesart nicht angemessen. Alles, was 
bekannt ist, führt darauf hin, daß Alexander außer der Unterwerfung Arabiens 
sich zunächst der völligen Aneignung, Verwaltung, Sicherung und Abrundung 
der eroberten Länder widmen wollte. Sein Sinn ging nicht so sehr in die 
ungemessene Weite; stets war seine Kühnheit mit Vorsicht gepaart und er 
unternahm nichts ohne sorgfältige, wohldurchdachte Vorbereitung. Wie er die 
von ihm angefangenen Unternehmungen bis ans Ende und vollständig auszu- 
führen bestrebt war, so erkannte er auch die Grenzen seines Könnens. Er 
war ein großer Kriegsheld; nie hat er eine Schlacht geschlagen, in der er nicht 
gesiegt, nie eine Stadt angegriffen, die er nicht erobert, kein Land 'betreten, 
das er nicht unterworfen hätte. Wie alles, was er unternahm, so führte er 
den Krieg mit ganzer Kraft, mit Anwendung aller Hilfsmittel, über welche die 
damalige Kriegskunst verfügte, mit Benützung aller Erfahrungen, die ihm zu 
Gebote standen; auch hier verband sich die Kühnheit im Angriff mit sorgfältiger 
Vorbereitung und Berechnung ^). 
') Hans Delbrück sagt in seiner Kriegsgeschichte des Altertums: „Alexander war 
nicht nur ein großer Feldherr, sondern auch ein Feldherr im großen Stil. Er war aber 
noch mehr. Er nimmt dadurch eine eigenartige Stellung ein, daß er den welterobernden 
Strategen und den unübertroffenen tapferen und ritterlichen Vorkämpfer in einer Person 
vereinigt. Kunstvoll führt er das Heer an den Feind heran, überwindet Gelände- 
Hindernisse, läßt es aus Engpässen aufmarschieren, stellt die verschiedenen Waffen je 
nach den Umständen verschieden zu stärkster Gesamtwirkung zusammen, sichert stra¬ 
tegisch seine Basis und seine Verbindungen, sorgt für die Verpflegung, wartet ab, bis 
die Vorbereitungen und Rüstungen vollendet sind, stürmt vorwärts, verfolgt nach dem 
Siege bis zur äußersten Erschöpfung der Kräfte — und derselbe Mann kämpft in jedem 
Gefecht an der Spitze seiner Ritterschaft mit Speer und Schwert, dringt an der Spitze der 
Sturmkolonne in die Bresche oder überspringt als erster die feindliche Mauer. Alexander 
durfte sich eben noch persönlich in das Kampfgewühl stützen, weil man damals für die 
Schlacht noch keine Reserve zurückhielt, weil mit dem Angriffssignal die Tätigkeit des 
Feldherrn erschöpft war. Erst als der Grundsatz aufkam Truppenteile für die Ent¬ 
scheidung der Schlacht und zur Verfolgung des geschlagenen Feindes zurückzuhalten, 
war das regelmäßige persönliche Mitkämpfen des obersten Befehlshabers ausgeschlossen." 
1 fi*
	        
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