Babylon, der Mittelpunkt des Handels im Neubabylonischen Reiche.
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2. Babylon, der Mittelpunkt des Handels im neubabyloniTchen
Reiche.
Speck, Handelsgeschichte des Altertums.
(Leipzig, Brandstetter.)
Kurz war die Blüte des von Nabopolassar und seinem größeren Sohne
Nebukadnezar geschaffenen Neubabylonischen Reiches, aber glänzend (606—539
v. Chr.). Mit den Machtmitteln seines neuen Reiches, namentlich Babyloniens
und Syriens') schuf Nebukadnezar (604—561 v. Chr.) in langer Friedens-
arbeit jene Wunderwerke seines neuen Heimatlandes^), welche durch ihre Groß-
artigkeit die alten Schriftsteller in Erstaunen und Begeisterung versetzten und
für immer den Namen Babylon im Schimmer des Wunderbaren erstrahlen
lassen. Mehr als jemals vor- und nachher erreichte Nebukadnezar durch die
Wasserbauten die Sicherung gegen die Verheerung durch Hochwasser, Bewasse-
rung in der trockenen Zeit, Beschaffung von Verkehrswegen, Verteidigung des
Landes. Dadurch schuf er neuen Wohlstand. Die Landwirtschaft erzielte die
höchsten Erträge; die Gewerbe steigerten ihre Tätigkeit mächtig. Der Handel
führte Rohstoffe aus den eigenen und fremden Ländern zur Verarbeitung her-
bei und vermittelte den Verschleiß der Fabrikate in alte und neugewonnene
Absatzgebiete. Wohl erneuerte Nebukadnezar, um sich als guten Babylonier zu
zeigen, alle die uralten Tempel, stellte ihre' Kulte wieder her und baute fast
in jeder Stadt; allein keiner kam auch nur entfernt sein Walten so zu gute
wie der Hauptstadt Babylon. Die mannigfaltigen Bauten, wie die vielfachen
Festungswerke, die Burgen, die Paläste, die Quaianlagen, die Kanäle, Brücken
und Straßen mehrten die Bevölkerung und reizten zur Niederlassung in der
schon immer volkreichen Gewerbe- und Handelsstadt. Jetzt wurde Babylon
die Hauptstadt eines mächtigen Reiches; jetzt diente es nicht nur dem Völker-
verkehr Vorderasiens, sondern bildete auch den Mittelpunkt für den ganzen
damaligen Welthandel. Ostwärts gingen wichtige Straßen aus nach Iran,
Indien und Zentralasien, der Euphratlauf wies gegen Südosten, nach Nordwesten
führten Wege durch Armenien und Kleinasien nach den Ländern am Kaspischen,
Schwarzen und Ägäischen Meere; ebenso konnte man von hier aus leicht nach
Phönizien und Syrien gelangen.
0 586 v. Chr. machte Nebukadnezar dem Reiche Juda ein Ende, 573 eroberte er
nach 13 jähriger Belagerung Tyrus, einige Jahre darauf entriß er die südsyrischen
Grenzlande den Pharaonen.
2) Das Geschlecht Nebukadnezars stammte aus Chaldäa, einem Lande an der
Nordküste des Persischen Meeres. Die Chaldäer (Kaldi) waren gleich den Babyloniern
semitischer Abkunft, bildeten aber eine selbständige Nation, die nun auch in Babylon
zur Herrschaft gelangte.