Full text: Deutsche Geschichte (Teil 3)

durch die Lüfte fuhr und seinen gewaltigen Hammer auf die Erde warf. 
An ihn erinnert noch der Donnerstag. 
Wodans Gemahlin war Freia. Sie beschützte Familie, Haus und 
Herd. Ihr war der Freitag gewidmet. Die Göttin Nerthns öder Hertha 
fuhr alljährlich auf ihrem heiligen Wagen durch die Fluren; wo sie vorbei- 
gekommen war, da wuchs das schönste Getreide. 
Vor den Gottheiten hatte der Germane große Ehrfurcht. Ihnen brachte 
er feine Opfer dar, um sich ihre Gunst zu erkaufen. Mitten im Walde 
unter einer heiligen Linde oder Eiche stand ein steinerner Altar. Für den 
Gott opferte er dort gern das Beste, was er [an Vieh hatte. Bei solchen 
Gelegenheiten schonte der Germane auch sogar nicht seinen Liebling, das 
Pferd Vom Fleische der Opfertiere aßen dann alle Anwesenden. Manch¬ 
mal bluteten auch verhaßte Feinde auf den Altären. 
Wollten die Germanen die Zukunft wissen, so fragten sie weise 
Frauen oder sie warfen Runenstäbchen auf weißem Tuche. Solche 
Stäbchen waren aus Buchenholz und mit geheimnisvollen Zeichen versehen. 
Aus diesen wählten sie drei aus und deuteten die Zeichen auf ihnen. Von 
ihnen stammt das Wort „Buchstabe." 
Die Germanen feierten sinnige Feste. Mit dem Herbst brach für sie 
eine schlimme Zeit an. Der Sturm heulte durch den dichten Wald, und in 
den Blockhütten wurde es nie recht Tag. Die Götter zogen — so erzählte 
man sich — von bannen oder versanken in einen tiefen Schlaf. Jung und 
alt freute sich, wenn endlich der 21. Dezember kam, denn von jetzt an stieg 
die Sonne langsam wieder höher, und das Licht hatte über die Finsternis 
gesiegt. Voll Jubel beging man darum das Fest der Wintersonnen- 
wende. 
Vor den Häusern pflanzte die Jugend den immergrünen Tannenbaum und 
schmückte ihn mit bunten Bändern und Lichtern. Gegen Abend strömte groß 
und klein zu einer nahen Höhe. Da stand ein gewaltiger Pfahl, und auf 
seiner Spitze ruhte ein großes neues Rad, das Ju l, das mit Stroh und 
harzigen Spänen umwunden war. Junge kräftige Bursche begannen es zu 
drehen, erst langsam, dann rascher und rascher, bis die Funken sprühten und 
die Flammen zuckten. Dann jauchzten alle und zündeten ihre Fackeln an 
dem heiligen Sonnenwendfeuer an. Behutsam trugen sie die Fackeln heim 
und setzten dort mit ihnen das erloschene Herdfeuer wieder in Brand. Bald 
schmorte ein saftiges Stück des Ebers, der Julbraten, am Spieß. Julsuppe 
und Julbrot wurden aufgetragen, Bierhorn und Metbecher machten fleißig 
die Runde. In allen Hütten herrschte Julsriede und Julsreude. Die Götter 
waren aus der Ferne zurückgekehrt oder aus ihrem Schlummer erwacht und 
zogen in den folgenden zwölf heiligen Nächten durch die Lüfte. 
Den Frühling sahen die Germanen als ein Geschenk der Göttin 
Ostara an. Ihr zu Ehren feierten sie darum das Osterfest. Dann 
flammten von den Höhen mächtige Feuer auf, die den vollen Sieg der Sonne 
verkünden sollten. 
Wenn der längste Tag gekommen war, beging man das Fest der 
Sommersonnenwende. Abermals wurden gewaltige Holzstöße in Brand 
gesetzt, um die jung und alt fröhlich tanzte.
	        
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